KBV kontrovers: Übers Honorar verhandeln – und danach in Ruhe über die ambulante Versorgung

Berlin – Auch die diesjährigen Honorarverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband (Spibu) werden nicht ohne Konflikte verlaufen, weil sie eine Art von Tarifverhandlung seien. „Ritualfrei wird das nie abgehen“, prognostizierte Uwe Deh, Vorstand des AOK-Bundesverbands, heute in Berlin. Aber vor und nach diesen Verhandlungsrunden müsse man in Ruhe Lösungen für die Probleme in der ambulanten Versorgung suchen. „Wir wissen auch nicht, wie das werden soll“ dies könne keine Antwort der Akteure sein, beispielsweise auf Fragen nach einer ausreichenden hausärztlichen Versorgung. Der Gesetzgeber werde nicht für Veränderung sorgen: „Das klappt nur, wenn die Akteure etwas miteinander versuchen.“
Deh war Gast bei der Veranstaltung „KBV kontrovers“. Er diskutierte mit dem KBV-Vorstandsvorsitzenden Andreas Gassen über das Thema: „Herausforderung an die ambulante Versorgung: Reichen die finanziellen Mittel aus?“ Dass es Unzufriedenheit bei den ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte gebe, sei zu bemerken, sagte Deh, aber: „An der Geldmenge kann es nicht liegen, und an den Zuwächsen kann es nicht liegen.“ Möglicherweise sei es so, dass auf Probleme mit Geld reagiert werde, ohne dass sich die kritisierte Situation wie gewünscht ändere.
Gassen: „Wir wollen klarmachen, wofür wir das Geld brauchen.“
Gassen betonte, das Geld im Gesundheitsfonds reiche insgesamt möglicherweise aus. Eine jährliche Summe von rund 33 Milliarden Euro für die ambulante ärztliche Versorgung klinge zudem „gigantisch“. Doch schließlich würden auch immer mehr Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich verlagert. Nur: „Das Geld bleibt im stationären Bereich.“ Außerdem verlangt die KBV seiner Überzeugung nach nicht einfach nur alljährlich mehr Geld, sondern hat sinnvolle Versorgungsziele entwickelt. „Wir wollen schon klarmachen, wofür wir Geld brauchen“, so Gassen.

Details hierzu hatte er gemeinsam mit KBV-Vorstand Regina Feldmann Mitte Juni präsentiert. Diese Vorschläge umfassen unter anderem die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung beim Älterwerden, die Förderung der ärztlichen Versorgung beim Aufwachsen und Verbesserungen der Grundversorgung in Psychiatrie und Psychotherapie. Deh war von dem Ansatz nicht überzeugt: Diese Versorgungsziele lese er „als Vorbereitung für die kommende Honorarrunde“.
Gassen widersprach. Es gehe dabei auch darum, die Notwendigkeit und Dringlichkeit bestimmter Versorgungsaspekte zu definieren und Versorgung stärker zu steuern. Das sei notwendig, denn: „Die Ressource Arzt ist nicht beliebig steigerbar. Ohne Steuerung werden wir auf Dauer nicht klarkommen.“ Dass man aber für neue Leistungen auch neues Honorar verlange, müsse klar sein.
Deh: „Not to pay for not-performance – das geht sofort.“
Auch an diesem Punkt war Deh anderer Auffassung. Es sei falsch, immer neue Abrechnungsmöglichkeiten zu schaffen. Denn wenn die ärztliche Arbeitszeit begrenzt sei, helfe das auch nicht weiter. Er schlug vor, bestimmte Leistungen nicht länger zu finanzieren, und zwar solche, die unsinnig seien: „Wenn wir diese gemeinsam markieren könnten, wäre das gut.“ Oft genug sei man sich hinter verschlossenen Türen doch schon einig. Dies gelte im Übrigen auch für den stationären Bereich: „Not to pay for not-performance das geht sofort“, spitzte es der AOK-Vorstand zu.
Gassen gab zu bedenken, dass es zwischen „notwendigen“ Leistungen im Sinne des Sozialgesetzbuchs V, dem vom Patienten Gewünschten und schließlich „Unsinnigem“ große Unterschiede gebe. Gemeinsame Positionen mit den Krankenkassen dazu auszuloten, sei ein Weg. Wie Deh sah auch Gassen in der Abschottung der Sektoren große Probleme, aber: „Deswegen darf man nicht alles wahllos im Sinne einer sektorenübergreifenden Versorgung öffnen.“ So diene doch beispielsweise die Öffnung der Hochschulambulanzen weniger der Verbesserung der ambulanten Versorgung als der Verbesserung ihrer Finanzierungsgrundlage.
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