Politik

Keine Annäherung in Debatte über neue Regeln für Organspende

  • Donnerstag, 27. Dezember 2018
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Berlin – In der Debatte über eine Reform der Regelungen für die Zustimmung zur Organspende zeichnet sich bislang kein Kompromiss ab. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach lehnte den Vorschlag einer parteiübergreifenden Parlamentariergruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock ab, der die Zustimmung zur Organspende mit der Vergabe eines Ausweises oder Reisepasses verknüpfen will.

Lauterbach sagte in Berlin, der von ihm gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorbereitete fraktionsübergreifende Antrag für eine „doppelte Widerspruchslösung“ werde in den ersten Januarwochen des kommenden Jahres vorgelegt.

Die Eckpunkte der Gruppe um Baerbock sehen vor, dass die Bereitschaft zur Organspende abgefragt wird, wenn jemand einen Ausweis oder Reisepass abholt. Ausführliche Informationen und die Möglichkeit für ein ergänzendes Gespräch sollen die Bürger demnach erhalten, wenn sie den Ausweis beantragen. Beim Abholen müssen sie entscheiden, ob sie zur Organspende bereit sind oder ob sie die Entscheidung verschieben.

Wenn die Person Organspender sein möchte oder Angehörige entscheiden sollen, werden die Daten dem Vorschlägen zufolge an das zentrale Organspenderegister übermittelt. Alle bekommen demnach Zugangsdaten mit einer persönlichen Nummer, über die sie jederzeit die Entscheidung ändern oder nachholen können.

SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach sagte, der Vorstoß werde in der Praxis dazu führen, „dass viele, die eigentlich spenden wollen, es nicht tun“. Zum einen gebe es viele Menschen, die keine deutschen Pässe beantragten. Zudem sei man etwa im Alter von 18 Jahren, wenn man womöglich erstmals einen Pass beantrage, „noch nicht gewillt, sich mit der Frage intensiv auseinanderzusetzen“. Auch könnten unter­schiedliche Dokumente Unklarheiten hervorrufen. „Es kann dazu führen, dass auf dem einen Dokument noch dokumentiert ist, dass man Spender ist, auf dem anderen nicht.“

„In der Umsetzung werden sich viele dann also entweder nicht entscheiden. Oder sie werden die Entscheidung bereuen, aber sie wollen dann nicht ein neues Dokument extra beantragen, um die Entscheidung zu revidieren“, warnte Lauterbach. Bei der Widerspruchslösung sei jeder Spender, es sei denn, man widerspreche.

„Widersprechen kann ich zu jedem Zeitpunkt auf eine unbürokratische einfache Art und Weise. Dann werde ich in ein Register eingetragen als Nicht-Spender. Fertig.“ Dies funktioniere in allen Ländern, in denen eine solche Lösung zur Organspende eingeführt sei.

Spahn hatte vorgeschlagen, jeder solle als Spender gelten, der nicht aktiv wider­spreche. Er warb für diese „doppelte Widerspruchslösung“ angesichts von rund 10.000 Menschen, die auf Organe warten. Bisher sind Organentnahmen nur bei ausdrücklich erklärtem Ja erlaubt. Die Reform ist für das kommende Jahr geplant – Lauterbach erwartet eine entsprechende Bundestagsdebatte im März.

Patientenverfügungen im Blick behalten

Die Stiftung Patientenschutz warnte davor, mit einer Neuregelung bestehende Patientenverfügungen indirekt einzuschränken. „Heute werden viele mögliche Organspender nicht gemeldet, weil sie früher festgelegt haben, bei möglicher Hirnschädigung keine künstliche Ernährung oder Beatmung zu wollen“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Ärzte hätten sich daran zu halten. „Das Patien­tenverfügungsgesetz stärkt das Recht auf Sterben. Ein neues Organspendegesetz darf solche verbindlichen Willenserklärungen nicht aushebeln.“

dpa

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