Ärzteschaft

Keine Richtgrößenprüfungen mehr in Baden-Württemberg

  • Mittwoch, 1. Februar 2017

Stuttgart – Für die niedergelassenen Ärzte in Baden-Württemberg sind die Richtgrößen­prüfungen bei Verordnungen abgeschafft. „20 Jahre lang hat die Ärzteschaft diese For­derung erhoben, jetzt wird sie umgesetzt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassen­ärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, Norbert Metke. Die bisherige Lösung habe bei den Ärzten die Angst vor Regressen geschürt und sich zu einem Hemmschuh für die Niederlassung entwickelt, so der KV-Chef.

Auch die Krankenkassen äußerten sich zustimmend zu der Reform: „Dass wir auf eine wirtschaftliche Verordnung Wert legen müssen, ist klar“, sagte der Vorstandsvorsitzen­de der AOK Baden-Württemberg, Christopher Hermann. Schließlich verordneten die Ärz­te jedes Jahr Arzneimittel mit Kosten in Milliardenhöhe. „Gleichwohl waren wir gerne be­reit, die Vorschläge der Ärzteschaft aufzunehmen, wie das System verändert und gerech­ter gestaltet werden kann. Die jetzt vereinbarte Systematik trägt dem Gebot der Wirt­schaft­lichkeit Rechnung, und sie verbessert gleichzeitig die Qualität der Versor­gung“, so Hermann.

Und so funktioniert das neue System: Künftig erhalten die Ärzten zu Beginn eines Jah­res einen sogenannten praxisindividuellen Richtwert zugeteilt, der die praxisindividuelle Mor­bi­dität der Patienten einer spezifischen Praxis berücksichtigt. „Je höher der Verord­nungs­bedarf ist, der sich aus den Erkrankungen der Patienten ergibt, desto höher sind die fi­nanziellen Mittel, die dieser Praxis zur Verfügung stehen“, erläuterte Metke.

Die bisherigen Durchschnittswerte, welche die Vielfalt der Versorgung bekanntlich nicht widergespiegelt haben, sind damit vom Tisch. „Die KV Baden-Württemberg teilt dem Arzt mehrfach innerhalb eines Jahres mit, ob er sich im Rahmen seines Richtwert­volumens be­findet, welches sich bei entsprechender Morbidität seiner Praxis mitent­wickelt“, ver­sprach Metke. 

Für das Jahr 2017 gilt außerdem einmalig ein garantiertes praxisindividuelles Richtwert­volumen, welches dem Arzt auch bei geringerer Morbidität seiner Praxis in jedem Fall zur Verfügung steht.

Auch die übrigen Krankenkassen im Land stehen zu der Vereinbarung: „Der Gesetz­ge­ber hat den Vertragspartnern auf Landesebene die Möglichkeit eröffnet, die Wirt­schaft­lichkeitsprüfung auf eine andere Basis zu stellen. Wir haben diese Möglichkeit genutzt. Wir können immer wieder feststellen, dass wir auch in schwierigen Fragen sachlich dis­ku­tieren und zu einvernehmlichen Lösungen kommen können“, sagte Walter Scheller für die übrigen Krankenkassen. „Die gemeinsame Selbstverwaltung hat einmal mehr gezeigt, wie gut sie funktioniert“, so sein Fazit.  

Baden-Württemberg ist nicht das einzige Land, das die Richtgrößenprüfung abschafft: Auch in Niedersachsen wird es diese künftig nicht mehr geben. Das hatte die KV des Bun­deslandes im vergangenen Herbst angekündigt. „Die Richtgrößenprüfung wird durch Ziele für eine wirtschaftliche Verordnung ersetzt. Darin sehen wir eine deutliche Erleich­te­rung für die Ärzte“, sagte der stellvertretende Vorsitzender der KV, Jörg Berling, in Hanno­ver.

hil

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