Ärzteschaft

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

  • Donnerstag, 19. September 2019
Ärzte demonstrierten bereits beim vergangenen Ärztetag für den Klimaschutz. /Maybaum
Ärzte demonstrierten bereits beim vergangenen Ärztetag für den Klimaschutz. /Maybaum

Berlin – Die Ärzteschaft in Deutschland setzt sich für den Klimaschutz ein und fordert von der Politik, die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten. „Gesundheit und Wohlergehen der Menschen hängen ganz wesentlich vom Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ab. Klimaschutz ist deshalb immer auch Gesundheitsschutz“, sagte der Präsident der Bundes­ärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, vor dem morgigen weltweiten Klima-Aktionstag.

Reinhardt kündigte an, dass sich der nächste Deutsche Ärztetag im Mai 2020 mit den ge­sundheitlichen Auswirkungen der Erderwärmung auf die Gesundheit befassen wird. „Wir wollen gemeinsam mit ausgewiesenen Experten sowohl die direkten Folgen des Klima­wandels auf den menschlichen Körper, als auch die indirekten Folgen für die globale Ge­sundheit diskutieren“, erläuterte der Ärztepräsident. Ziel sei, dass auch gesundheitliche Aspekte in die Klimapolitik der Bundesregierung mit einfließen.

Auch der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte die führenden Politiker der Welt auf, die Gesundheit vor dem Klimawandel zu schützen. „Der Klimawan­del ist eines der bestimmenden Themen unserer Zeit. Es ist auch eine der dringendsten Gesundheitsgefahren der Welt“, sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus kürzlich.

Die internationale Bewegung „Friday for Future“ hat für den morgigen Tag weltweit zu einem „Klimastreik“ aufgerufen. Zentrale Forderung ist, die Pariser Klimaschutzziele ein­zuhalten.

Die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (Klug) hat Ärzte und an­dere Be­rufsgruppen aus dem Gesundheitswesen aufgerufen, sich mit der „Fridays-for-Future“-­Bewegung zu solidarisieren. Ziel sei es, so den Druck auf die Politik zu erhöhen, eine effi­zientere Klimapolitik einzuschlagen. „Am 20. September wollen wir Pflegekräfte und Ärz­te, Patienten, Therapeuten und Angehörige auf die Straße bringen, denn die Klimakrise betrifft uns alle“, betonte Klug-Initiator Martin Herrmann.

Entscheidungen heute und morgen

Heute Abend kommen außerdem die Spitzen der Koalitionsparteien zu Beratun­gen zu­sammen. Das Treffen dient der Vorbereitung der morgigen Sitzung des Klimakabinetts unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Dann sollen weitreichende Ent­scheidungen getroffen werden, damit Deutschland die Pariser Klimaziele bis 2030 schafft.

„Der Klimawandel ist die zentrale Gesundheitsfrage des 21. Jahrhunderts“, betonte auch die Ärztekammer Berlin. Die Delegierten haben gestern eine Resolution zum Klimaschutz beschlossen, in der sie sich zu ihrer Verantwortung bekennen, einen Beitrag zur Reduzie­rung des von Menschen gemachten Klimawandels zu leisten.

Sie will dazu kurzfristig Maßnahmen ergreifen, die eigene Arbeit klimafreundlicher zu gestalten. Dazu gehört die zukünftige Organisation einer papierlosen Gremienarbeit. Au­ßerdem soll der aktuelle Energieverbrauch der Kammer analysiert und optimiert werden. Gleichzeitig setzen sich die Delegierten für eine Ausweitung von Klimaschutz­maßnah­men in Berliner Kliniken und Praxen ein. „Ziel müssen klimaneutrale medizinische Ein­richtungen des Gesundheitswesens sein“, hieß es aus der Kammer.

Auch die internationale Konferenz World Health Summit wirbt für den Klimaschutz. „Der Klimawandel zerstört die Lebensgrundlagen der Menschen und damit auch die Gesund­heit. Das gilt nicht nur für diejenigen, die direkt betroffen sind in Form von Wetterkatas­tro­phen, Dürre oder Hitze – das gilt für uns alle. Gesunde Menschen kann es nur auf ei­nem gesunden Planeten geben“, sagte Detlev Ganten, Präsident des World Health Sum­mit.

Gemeinsam organisiert mit Eckart von Hirschhausen, den Studierenden der Charité, der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit und der Aktionsplattform Health for Future versammeln sich daher um 13 Uhr Ärzte, Pflegepersonal und Studierende der Cha­rité vor dem Bettenhaus in der Luisenstraße in Berlin-Mitte.

Dort wollen sie auf die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit aufmerksam machen und ein Zeichen setzen für die Verantwortung der Gesundheitsberufe. „Wir sind dabei, die Lebensgrundlagen für uns Menschen auf der Erde für immer zu zerstören. Das ist leider wissenschaftlich bestens belegt, aber längst noch nicht jedem bewusst“, sagte von Hirsch­hausen. Er ist Mitbegründer der Initiative „Health for Future“.

Die niedersächsische Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker forderte unterdessen, das deutsche Gesundheitssystem auf Hitzewellen vorzubereiten. „Es gilt, Maßnahmen zu ent­wickeln, die über allgemeine Ratschläge wie ,viel trinken‘ und ‚im Schatten aufhalten‘ weit hinausgehen“, so die Lungenfachärztin und Umweltmedizinerin. Sie regt an, die Pa­tientenzimmer in Krankenhäusern durchweg zu klimatisieren. Eine weitere wichtige Maß­nahme seien dem Klima angepasste Arzneimitteltherapien, so Wenker.

Auf künftige Verteilungskämpfe wegen des Klimawandels weist die Organisation „Inter­na­tional Physicians for the Prevention of Nuclear War“ (IPPNW) hin. „Klimaveränderungen stellen heute eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit und das Überleben der Menschen dar. Zudem werden sie zu mehr Konflikten um Ressourcen wie Wasser oder fruchtbares Land und gezwungener Migration führen. Es ist zu befürchten, dass diese Konflikte zunehmend militärisch ausgetragen werden“, warnt die Organisation.

Sie fordert daher die Umstellung auf eine nachhaltige Ökonomie ohne fossile und ato­ma­re Energieerzeugung. Notwendig sei eine weltweite Abrüstung und die Umstellung der Rüstungswirtschaft auf die Entwicklung von Umwelttechnologien. „Ärmeren Ländern müssen finanzielle Ressourcen zur Klimaanpassung bereit gestellt werden“, so IPPNW.

hil

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