Kliniken in England entdecken die Selbstzahler-Leistungen
London – Ein Sechstel der britischen Krankenhäuser hat in diesem Jahr privat bezahlte Leistungen eingeführt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des British Medical Journal (BMJ). Diese Selbstzahlerleistungen richteten sich an Patienten, die sonst vom staatlichen britischen Gesundheitswesen versorgt würden, dem National Health Service (NHS), und seien günstiger als die klassische Privatleistungen, die es in Großbritannien ebenfalls gibt.
Viele Kliniken bieten willigen Selbstzahlern laut dem BMJ Leistungen an, auf die NHS-Patienten normalerweise sehr lange warten müssen, beispielsweise künstliche Befruchtungen, Operationen am grauen Star und Leistenbruch-Eingriffe.
Laut BMJ befürchten Kritiker, dass die Selbstzahlerstrukturen nicht nur die Linien zwischen nationalem und privatem Gesundheitswesen verwischen, sondern auch die übrigen NHS-Patienten benachteiligen. Der Grund: Die Kliniken betreuen die Selbstzahler-Patienten offenbar häufig in den gleichen Räumen wie die normalen NHS-Patienten, für die dann noch weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Das sei bei den klassischen Privatpatienten anders.
Vertreter von Klinikträgern verneinen allerdings, dass die Selbstzahlerleistungen die Versorgung von Patienten verschlechtern. Die meisten Krankenhausträger könnten verhindern, dass zahlende NHS-Patienten sich vor die normalen NHS-Patienten drängeln, wenn diese in der gleichen Einrichtung behandelt werden, hieß es beispielweise aus dem Foundation Trust Network.
Aber Ärzte und Gesundheitswissenschaftler sind skeptisch: So warnt David Hunter, Professor für Gesundheitspolitik und Management an der Durham University, im BMJ davor, dass Selbstzahlerstrukturen nicht nur den Weg für ein zwei- oder mehrgeteiltes Gesundheitssystem ebneten, sondern die Anbieter dazu bringen könnten, sich vermehrt auf lukrative Prozeduren zu konzentrieren und die übrigen hinten anzustellen.
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