Koalition prüft Änderungen bei der Praxisgebühr

Berlin – Weil die Deutschen im internationalen Vergleich oft zum Arzt gehen, wird in der Koalition über Änderungen bei der Praxisgebühr schon ab 2012 nachgedacht.
Im Bundesgesundheitsministerium gibt es nach eigenen Angaben aber keine Überlegungen, gesetzliche Versicherte für jeden Arztbesuch eine Praxisgebühr zahlen zu lassen.
„Pläne, die Praxisgebühr pro Arztbesuch zu erheben, stammen nicht aus dem Bundesgesundheitsministerium“, sagte ein Sprecher. „Das Thema Praxisgebühr ist in der Koalition noch nicht einmal beraten worden.“ Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery forderte einen Verzicht auf die Gebühr.
Die Bild-Zeitung vom Samstag hatte berichtet, eine Reform der Gebühr im kommenden Jahr könne zu einer Zahlung bei jedem Praxisbesuch führen könnte. Der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer sagte der Zeitung: „Der Effekt, die Zahl der Arztbesuche zu dämpfen, ist mit der jetzigen Gebühr nicht erreicht worden.“ Deshalb werde eine „unbürokratischere“ Lösung gesucht
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Lars Lindemann sagte Bild, die jetzige Praxisgebühr habe „keinerlei steuernde Funktion“. Deshalb müssten 2012 Alternativen geprüft werden.
Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sagte dem Blatt, fünf Euro pro Besuch machten „mehr Sinn als die jetzige Gebühr“. Der Sozialexperte Thomas Drabinski brachte sogar eine Selbstbeteiligung an den Behandlungskosten von bis zu zehn Prozent ins Gespräch. Das seien in der Regel fünf bis zehn Euro pro Arzttermin.
Auch der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, sagte, „als Steuerungsinstrument für weniger Arztbesuche ist die Praxisgebühr gescheitert“. Sie spüle aber immerhin jährlich rund 2,8 Milliarden Euro ins Gesundheitssystem.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Montgomery, sagte der Tageszeitung Die Welt vom Montag: „Die Praxisgebühr hat keinerlei Steuerungsfunktion, sondern verursacht nur höhere Bürokratiekosten als sie Einnahmen bringt.“ Die Ärzte begrüßten es deshalb, dass die Koalition die Praxisgebühr jetzt auf den Prüfstand stelle, sagte Montgomery.
Dem Vorstoß, bei jedem Praxisbesuch künftig fünf Euro zu erheben, erteilte der Ärztepräsident eine klare Absage: „Diese Lösung wäre Unsinn und würde noch mehr Bürokratie bedeuten.“ Wenn die Koalition die Eigenverantwortung stärken wolle, sollte sie nicht beim Patienten, sondern beim Versicherten ansetzen, etwa über eine Ausweitung von Wahltarifen.
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