Kompetenznetz: Ärzte beraten herzkranke Kinder „übervorsichtig“

Berlin – Nur neun Prozent der von angeborenen Herzfehlern betroffenen Kinder und Jugendlichen treiben täglich eine Stunde Sport. Bei den Herzkindern mit schweren angeborenen Herzfehlern sind es nur acht Prozent.
Das berichten Wissenschaftler um den Kinderkardiologen Christian Apitz am Universitätsklinikum Ulm gemeinsam mit der Sportwissenschaftlerin Claudia Niessner vom Karlsruher Institut für Technologie und dem Kinderkardiologen Jannos Siaplaouras. „Herzkinder treiben zu wenig Sport“, lautet ihr Fazit.
Für ihre Studie am Kompetenznetz Angeborene Herzfehler haben die Wissenschaftler die vollständigen Datensätze von 1.198 Teilnehmern des „Nationalen Registers für angeborene Herzfehler“ im Alter zwischen 6 und 17 Jahren mit leichten, moderaten und komplexen angeborenen Herzfehlern ausgewertet und sie mit den Daten von 3.385 gleichaltrigen Teilnehmern aus der KiGGS Studie des Robert-Koch-Instituts verglichen.
Bundesweit haben zudem rund 1.700 minderjährige Herzpatienten sowie ihre Eltern Fragen zur körperlichen Aktivität, zur medizinischen Versorgung sowie zu den Sportempfehlungen der behandelnden Ärzte beantwortet. Die detaillierten Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Frontiers in Pediatrics erschienen (DOI: 10.3389/fped.2020.00170).
„Überrascht“ hat das Forscherteam nach eigenen Angaben die hohe Zahl der Studienteilnehmer, die angaben, ihre körperliche Aktivität auf ärztlichen Rat hin eingeschränkt zu haben.
Bei Kindern und Jugendlichen mit komplexen angeborenen Herzfehlern war das bei der Hälfte der Fall, bei Patienten mit moderaten angeborenen Herzfehlen gab dies jeder Dritte an. Bei Patienten mit einfachen angeborenen Herzfehlern machte noch immer jeder Achte diese Angabe.
Die Wissenschaftler sehen hier dringenden Handlungsbedarf. Dass vor allem Eltern und Sorgeberechtigte dazu neigen würden, die jungen Herzpatienten in Watte zu packen, seiaus anderen Studien bekannt gewesen.
„Dass sich ein ähnliches Verhalten auch bei den behandelnden Ärzten abzeichnet, erfüllt uns mit Sorge“, sagte Apitz. Es liege eine Beratungslücke vor, die dringend geschlossen werden müsse.
Die Wissenschaftler weisen daraufhin, dass der tägliche körperliche Ausgleich für Kinder und Jugendliche mit angeborenen Herzfehlern besonders wichtig sei. Sie empfehlen daher, die Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche mit schweren angeborenen Herzfehlern deutlich auszubauen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: