Vermischtes

Kontroverse um Selbstzahler­leistungen gegen wiederkehrenden Blasenentzündungen

  • Mittwoch, 30. Oktober 2024
Filamentöses Bakterien (gelb) aus dem Urin einer Frau mit Blasenentzündung in einer elektronenmikroskopischen Aufnahme. /dpa
Filamentöses Bakterien (gelb) aus dem Urin einer Frau mit Blasenentzündung in einer elektronenmikroskopischen Aufnahme. /dpa

Essen/Berlin – Das wissenschaftliche Team des vom Medizinischen Dienstes Bund betriebenen IGeL-Monitors hat zwei Verfahren bewertet, mit denen wiederkehrenden Blasenentzündungen vorgebeugt werden soll. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie sowie der StroVac-Hersteller Dermapharm sehen die Bewertung kritisch.

Die Behandlung mit dem Medikament Uro-Vaxom zur gezielten Stimulation des Immunsystems bewertet der IGeL-Monitor mit „tendenziell positiv“, weil Studienergebnisse Hinweise auf einen Nutzen zeigten.

Die Impfung mit dem Impfstoff StroVac bewertet der IGeL-Monitor mit „tendenziell negativ“, da nur eine Studie in die Bewertung eingeschlossen werden konnte und sich aus dieser Studie keine Hinweise auf einen Nutzen ableiten ließen, so das Team das IGeL-Monitors.

Bei vielen Menschen, die einmal an einer Blasenentzündung erkrankt sind, kommt es zu wiederkehrenden Infektionen. Frauen sind häufiger als Männer von rezidivierenden Harnwegsinfektionen betroffen. Fast zehn von 100 Frauen, aber nur zwei von 100 Männern bekommen mindestens einmal im Jahr eine Blasenentzün­dung.

Etwa die Hälfte der betroffenen Frauen bekommt innerhalb eines Jahres eine weitere Blasenentzündung. Un­komplizierte Blasenentzündungen heilen in einigen Fällen von alleine wieder aus. Länger andauernde oder schwere Harnwegsinfekte werden mit Antibiotika behandelt, deren Kosten von den Krankenkassen über­nommen werden.

Die aktuelle deutsche Leitlinie gibt unter anderem Verhaltensempfehlungen bei Harnwegsinfekten, wie etwa die Steigerung der täglichen Trinkmenge oder eine Veränderung der Intimhygiene.

Als vorbeugende medizinische Maßnahme gegen wiederkehrende Blasenentzündungen empfiehlt die Leit­linie auch die Immunprophylaxe mit Uro-Vaxom. Dies ist eine individuelle Gesundheitsleistung, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird. Insgesamt liegen die Kosten für eine Behandlung laut IGeL-Monitor zwischen 170 und 200 Euro.

Der Impfstoff StroVac wird als Spritze gegeben. Für eine Grundimmunisierung wird der Impfstoff dreimal im Abstand von ein bis zwei Wochen injiziert. Die Impfung kann aufgefrischt werden.

„Für die StroVac-Impfung sehen wir keine Hinweise auf einen Nutzen, allerdings Hinweise auf einen Schaden“, heißt es in der Bewertung des Monitors. Das Ergebnis stütze sich auf eine Einzelstudie, in der die Impfung mit einer Placebo-Impfung verglichen wurde.

Laut Frank König von der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ist die Impfung aber ein mögliches Werkzeug. Diese könne insbesondere dann eine Option sein, wenn andere Maßnahmen gegen rezidivierende Harnwegsinfekte versagten.

Kritik an der Bewertung des IGeL-Monitors übt auch der Arzneimittelhersteller Dermapharm und verweist in diesem Zusammenhang auf die S3-Leitlinie zum Thema von diesem Jahr.

Danach umfasste die prospektive, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von StroVac nur 188 Verum- und 188 Kontrollpatienten. Die Studie zeigte einen großen Placeboeffekt in der Kontrollgruppe, so dass die Verumgruppe bei der gewählten Studiengröße keine Signifikanz erreichte.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung