Politik

Konzerne sollen finanziellen Ausgleich für Atomausstieg erhalten

  • Mittwoch, 2. Mai 2018
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Berlin – Die Atomkraftwerks-Betreiber RWE und Vattenfall sollen laut einem Gesetz­entwurf für Nachteile beim Atomausstieg 2011 finanziell entschädigt werden. Die genaue Summe steht nicht fest – das Bundesumweltministerium geht aber davon aus, dass die Kosten für die Steuerzahler „einen niedrigen einstelligen Milliarden­bereich nicht überschreiten, wahrscheinlich jedoch im oberen dreistelligen Millionen­bereich liegen“.

Bei den Laufzeiten für die Kraftwerke bleibt alles beim Alten, 2022 geht der letzte Atommeiler in Deutschland vom Netz. Über den Entwurf, der seit Freitag zwischen den Bundesministerien abgestimmt wird, hatte zuerst die taz berichtet.

Damit setzt das Haus von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2016 um. Die Richter hatten RWE und Vattenfall eine Entschädigung für sinnlos gewordene Investitionen und verfallene Produktionsrechte zugesprochen. Es ging um die atompolitische Kehrtwende 2011.

Damals beschlossen Union und FDP unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima den Atomausstieg bis 2022. Das Problem: Erst wenige Monate zuvor hatten sie den rot-grünen Ausstieg von 2002 noch um Jahre gestreckt und den Konzernen größere Reststrommengen zugesprochen, die diese noch produzieren und verkaufen sollten.

Die Verfassungsrichter hätten statt einer finanziellen Entschädigung auch längere Laufzeiten einzelner Kraftwerke oder eine Übertragung der Produktionsrechte akzeptiert. Das lehnt die Bundesregierung aber ab. Die genaue Summe wird erst 2023 ermittelt, wenn die tatsächlich nicht produzierte Strommenge und damit die entgangenen Gewinne feststehen. Die Konzerne hatten 2011 von „Enteignung“ und Maximalforderungen von bis zu 19 Milliarden Euro gesprochen.

„Jede finanzielle Entschädigung ist besser als Laufzeitverlängerungen für einzelne Akw“, sagte die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). Nun räche sich, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit der Laufzeit­verlängerung „die Unterschrift der Konzerne unter den rot-grünen Atomausstieg leichtfertig in die Tonne getreten“ habe.

Die Umweltorganisation BUND und die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt forderten, eine Novelle des Atomgesetzes für eine Beschleunigung des Ausstiegs zu nutzen, indem die Übertragung von Produktionsrechten verboten wird. BUND-Experte Thorben Becker kritisierte die Entschädigung als „viel zu hoch“. Ärzte hatten erst kürzlich davor gewarnt, den Atomausstieg infrage zu stellen.

dpa

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