Koronare Bypasschirurgie: „Off-Pump“ mit schlechteren Langzeitergebnissen

Northport/New Jersey – Das technisch und organisatorisch anspruchsvolle „Off-Pump“-Verfahren der koronaren Bypass-Operation, das durch den Verzicht auf eine Herz-Lungen-Maschine schonender für den Patienten sein soll, hat in einer US-Studie langfristig das Sterberisiko erhöht. Die Publikation im New England Journal of Medicine (2017; 377: 623-632) setzt eine Serie von enttäuschenden Studien fort, die in den USA die Begeisterung der Herzchirurgen für das „Off-Pump“-Verfahren gedämpft haben.
Das „Off-Pump“-Verfahren wurde eingeführt, um die Nachteile der Herz-Lungen-Maschine zu vermeiden. Durch den Kontakt mit Fremdmaterialien kommt es zu einer Aktivierung des Immunsystems, die trotz einer Heparinisierung das Risiko von thrombotischen Komplikationen erhöht. Sie werden unter anderem für die kognitiven Störungen verantwortlich gemacht, die bei vielen Patienten nach der „On-Pump“-Operationen auftreten.
Das „Off-Pump“-Verfahren erfreute sich zunächst in den USA einer großen Popularität. Im Jahr 2002 wurden 23 Prozent aller Bypass-Operationen ohne Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Später wurde die Behandlung auch von europäischen Herzchirurgen aufgegriffen. Auch in Deutschland gehört sie an vielen Herzkliniken zum Angebot.
Inzwischen ist der Anteil der „Off-Pump“-Operationen in den USA auf unter 17 Prozent gefallen. Der Grund waren die 2009 publizierten enttäuschenden Ergebnisse der ROOBY-Studie der US-Veteranenbehörde. Dort war das Sterbe- oder Komplikationsrisiko 30 Tage und ein Jahr nach „Off-Pump“-Operationen tendenziell höher gewesen als unter der konventionellen „On-Pump“-Operation (NEJM 2009; 361: 1827–1837).
Experten führen dies auf die ingesamt niedrigere Rate von erfolgreichen Revaskularisierungen zurück. Die Chirurgen müssen die Bypässe bei der „Off-Pump“-Operation am schlagenden Herzen vornehmen und dabei kurzfristig auch die Durchblutung in den Koronarien unterbrechen (was inzwischen temporäre intrakoronäre Shunts vermeiden sollen).
Die ROOBY-Studie wurde in der Folge scharf kritisiert, weil die Operateure im Durchschnitt vor Beginn der Studie median erst 50 „Off-Pump“-Operationen durchgeführt hatten. In der internationalen CORONARY-Studie mussten die Chirurgen vor Studienbeginn mindestens 100 „Off-Pump“-Operationen nachweisen. In der deutschen GOPCABE-Studie hatten die Chirurgen sogar median 322 „Off-Pump“-Operationen durchgeführt. In beiden Studien waren die Ergebnisse nach der „Off-Pump“-Operation tendenziell besser als nach der „On-Pump“-Operation. Das Signifikanzniveau wurde jedoch weder in der CORONARY- noch in der GOPCABE-Studie erreicht.
Im vergangenen Jahr wurden dann die 5-Jahres-Ergebnisse der CORONARY-Studie vorgestellt. Der Composite-Endpunkt aus Tod, Schlaganfall, Herzinfarkt, Nierenversagen oder Revaskularisierung war nach „Off-Pump“-Operation bei 23,1 Prozent und nach „On-Pump“-Operation bei 23,6 Prozent der Patienten aufgetreten. Die Hazard Ratio von 0,98 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,87 bis 1,10 nicht signifikant (NEJM 2016; 375: 2359–68), ein Vorteil deshalb nicht erwiesen.
Jetzt stellen Laurie Shroyer und Mitarbeiter von der Forschungsabteilung der Veteranen-Behörde in Northport/New Jersey die 5-Jahres-Ergebnisse der ROOBY-Studie vor. Der Composite-Endpunkt aus Tod, Revaskularisierung oder Herzinfarkt war nach „Off-Pump“-Operation bei 15,2 Prozent aufgetreten gegenüber nur 11,9 Prozent nach „On-Pump“-Operation. Dies ergibt ein relatives Risiko von 1,28, das mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,03 bis 1,58 signifikant war. Langfristig ist die „Off-Pump“-Operation deshalb, wenn sie von weniger erfahrenen Herzchirurgen durchgeführt wird, riskant für den Patienten.
Für den Editorialisten Eugene Blackstone von der Cleveland Clinic stellt sich derzeit weniger die Frage, welches Verfahren besser ist, als vielmehr, für welche Patienten die „Off-Pump“-Operation in erster Linie infrage käme und vor allem, welche Erfahrungen die Chirurgen haben sollten, bevor sie die Operation als leitender Operateur zum Vorteil für den Patienten durchführen können.
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