Medizin

Koronare Herzkrankheit: Auch „gesunde Dicke“ haben (leicht) erhöhtes Risiko

  • Dienstag, 15. August 2017
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London – Menschen, bei denen trotz Übergewicht oder Fettleibigkeit Blutdruck, Blutzucker und Blutfette normal sind, haben laut einer neuen Analyse der EPIC-Studie ein erhöhtes Risiko auf einen Herzinfarkt. Sie sind jedoch laut dem European Heart Journal (2017; doi: 10.1093/eurheartj/ehx448) weitaus weniger gefährdet als Menschen mit einem voll ausgebildeten metabolischen Syndrom.

Das metabolische Syndrom bezeichnet eine Risikokonstellation aus arterieller Hypertonie, Hyperglykämie, Hyperlipidämie und Adipositas, die nach einhelliger Ansicht der Experten die Entwicklung von Typ 2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Es gibt jedoch eine Gruppe von übergewichtigen und adipösen Menschen, bei denen trotz Übergewicht und dem zugrundeliegenden Lebensstil aus hyperkalorischer Ernährung und Bewegungsmangel Blutdruck, Blutzucker und Blutfette nicht erhöht sind. Sie werden in der Öffentlichkeit häufig als „gesunde Dicke“ bezeichnet.

Dass sie allerdings ihren Lebensstil bedenkenlos fortsetzen könnten, wird von Ioanna Tzoulaki vom Imperial College London bezweifelt. Die Epidemiologin hat hierzu die Daten der „EPIC-CVD“ ausgewertet, die rund 520.000 erwachsene Europäer begleitet hat. Während eines Zeitraums von median 12,2 Jahren haben 7.637 Teilnehmer eine koronare Herzkrankheit entwickelt.

Tzoulaki ermittelte die Hazard Ratios für normalgewichtige und übergewichtige beziehungsweise adipöse Teilnehmer, unterschied in jeder Gruppe jedoch metabolisch gesunde und metabolisch ungesunde Teilnehmer. „Ungesund“ war dabei definiert durch das Vorliegen von drei oder mehr Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie, Hypertriglyceridämie, niedriges HDL-Cholesterin, Hyperglykämie und  erhöhter Taillenumfang.

Am ungünstigsten war die Kombination aus Gewichtsproblemen und Stoffwechsel­störungen. Tzoulaki ermittelte eine Hazard Ratio von 2,33 (95-Prozent-Konfi­denzintervall 1,97 bis 2,76) für ungesundes Übergewicht und von 2,54 (2,21-2,92) für ungesunde Fettleibigkeit. Diese Personen erlitten mehr als doppelt so häufig ein koronares Ereignis als metabolisch gesunde schlanke Menschen. Ein gesunder Stoffwechsel ist dabei wichtiger als das Normalgewicht. Denn die ungesunden Schlanken hatten mit einer Hazard Ratio von 2,25 (1,79-2,57) ebenfalls ein deutlich erhöhtes Risiko. 

Für die „gesunden Übergewichtigen“ ermittelte Tzoulaki eine Hazard Ratio von 1,26 (1,14-1,40), für die „gesunden Fettleibigen“ betrug sie 1,28 (1,03-1,58). Diese Personen hatten damit ein leicht erhöhtes Risiko auf eine Koronare Herzkrankheit, das jedoch statistisch signifikant war. 

Die Studie konnte eine Reihe von „konkurrierenden“ Risikofaktoren wie Rauchen, Ernährung, Bewegungsmangel und sozioökonomischer Status berücksichtigen. Es bleibt aber immer noch die Möglichkeit, dass weitere Faktoren übersehen wurden, die anstelle von Übergewicht und Adipositas für das Risiko verantwortlich waren. Pros­pektive Beobachtungsstudien sind in ihrer Beweisführung niemals lückenlos.

rme

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