Politik

Krankenhäuser: Andere Verteilung der Finanzspritze möglich

  • Mittwoch, 16. Juli 2025
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU, links), Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD, Mitte) und Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister von Braunschweig (SPD). /Kurz
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU, links), Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD, Mitte) und Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister von Braunschweig (SPD). /Kurz

Braunschweig – Die Krankenhäuser könnten die von der schwarz-roten Bundesregierung angekündigten Finanzspritze von vier Milliarden Euro möglicherweise doch auf eine andere Art und Weise erhalten als geplant. Das erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) heute bei einem Besuch des Städtischen Klinikums Braunschweig.

Bislang war vorgesehen, dass alle Krankenhäuser ab November für ein Jahr einen monatlichen Rechnungsaufschlag von 3,45 Prozent auf ihre Betriebskostenabrechnung erhalten sollten. Diese Regelung der sogenannten Soforttransformationskosten soll nun nochmal geprüft und andere Vorschläge in Betracht gezogen werden, erklärte Warken.

Niedersachsen habe einen Vorschlag vorgelegt, wie die Kliniken je nach entsprechendem Bedarf finanzielle Hilfen bekommen könnten. Ob dieser Vorschlag berücksichtigt werden könne, werde sich im parlamentarischen Prozess zum Haushaltsbegleitgesetz in den kommenden Wochen zeigen, so Warken.

Nun werde man prüfen und rechnen, wie sich die entsprechenden Vorschläge auf die Finanzsituation der Kliniken auswirke. Die Gesetzgebung soll im September abgeschlossen sein. Wichtig sei, dass entsprechende Vorschläge aber unbürokratisch und schnell umzusetzen seien, sagte sie weiter.

Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), der den Vorschlag initiiert hatte, erklärte, man sollte etwa drei Monate Verzug in der Auszahlung berücksichtigen, um eine gerechtere Verteilung zu erhalten.

Krankenhäuser, die bedarfsnotwendiger seien, müssten anders bevorteilt werden, sagte Philippi und sprach sich damit gegen eine Finanzierung per Gießkannenprinzip aus.

Ausnahmen von Standortdefinition geplant

Bei ihrem Besuch am Städtischen Klinikum Braunschweig betonte Warken erneut, dass weitere Ausnahmen von den Vorgaben des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) möglich sein sollen. Die Reform war Ende vergangenen Jahres beschlossen worden. An konkreten Beispielen wie in Braunschweig sehe man, wie sich die Krankenhausreform auf die Versorgung auswirken würde, sagte Warken.

So hätte der Maximalversorger in Braunschweig nach der Umsetzung der Regeln des KHVVG das Problem, dass er einige Leistungsgruppen an beiden großen Standorten im Norden und Süden der Stadt würde neu aufbauen müssen. Das Städtische Klinikum Braunschweig habe 49 von den insgesamt 61 Leistungsgruppen im niedersächsischen Reformprozess beantragt, erklärte der Geschäftsführer der Klinik, Andreas Goepfert.

Am Standort an der Celler Straße 38 gibt es etwa eine Neonatologie mit 25 Betten, Geburtshilfe, geriatrische Station, Onkologie und Strahlentherapie, aber keine Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie oder Intensivstation. Diese befinden sich im Süden der Stadt, am Standort in der Salzdahlumer Straße 90.

Keine Doppelstrukturen aufbauen

Da die beiden Standorte weiter als 2.000 Meter auseinander liegen, würden sie dem KHVVG zufolge nicht als ein Krankenhausstandort gewertet werden und müssten Strukturen für Leistungsgruppen, die teils für die Erbringung anderer Leistungsgruppen benötigt werden, neu aufbauen.

Auch angesichts der leeren Kassen in der gesetzlichen Krankenversicherung wäre es nicht dienlich, in Braunschweig wieder entsprechende Doppelstrukturen aufbauen zu müssen, sagte Wolfgang Hoffmann, Chefarzt für Strahlentherapie und Radioonkologie im Städtischen Klinikum Braunschweig, bei einem kurzen Rundgang durch das Krankenhaus. Die beiden Standorte würden bereits heute zusammenarbeiten, als wäre man in einem Haus, sagte Hoffmann.

Zudem würde etwa der Aufbau mancher Strukturen an anderen Standorten, etwa die Infrastruktur inklusive dicker Bunkerwände in der Strahlentherapie, sehr aufwändig sein, mahnte Philippi.

2.000-Meter Regelung soll grundsätzlich bleiben

Für solche Krankenhäuser brauche es mehr Ausnahmemöglichkeiten, waren sich Philippi und Warken heute einig. Die Bundesgesundheitsministerin wolle dabei die Standortdefinition der 2.000-Meter-Regelung nicht ändern, erklärte Warken auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes.

Allerdings sollen die Länder künftig über einen längeren Zeitraum von dieser Definition bei benötigten Krankenhäusern abweichen können. „Wir geben den Krankenhäusern und Krankenkassen vor Ort die Möglichkeit sich zu einigen“, so Warken. Wenn dies nicht funktioniere, dann müsse ein Schiedsverfahren entscheiden.

Entsprechende Änderungen sollen im Krankenhausanpassungsgesetz (KHAG) formuliert werden. Der entsprechende Referentenentwurf liege vor, sagte Warken. Nächste Woche solle der Entwurf mit den Bundesländern beraten werden.

Die Länder befinden sich parallel bereits in der Vorbereitung der Krankenhausreform und ermöglichen nach und nach die Antragsverfahren zur Anmeldung der Leistungsgruppen durch die Krankenhäuser. Zwei Bundesländer, darunter Niedersachsen, haben das Verfahren bereits abgeschlossen.

Es sei gut zu erkennen, dass viele Krankenhäuser ihre Umgebung genau geprüft und in ihren Anträgen bereits mögliche Schließungen anderer Standorte durch die Krankenhausreform antizipiert hätten, sagte Niedersachsens Gesundheitsminister Philippi dem Deutschen Ärzteblatt.

Zudem habe ihn überrascht, dass es trotz der Aufklärung über die Reform in den vergangenen Jahren Krankenhäuser gebe, die in den Leistungsgruppenanträgen Gelegenheitschirurgie, beispielsweise drei Rektumeingriffe, angemeldet hätten. Diese Form der Gelegenheitschirurgie werde es nach der Reform aber nicht mehr geben, betonte er.

Warken erklärte heute zudem, dass es angesichts der schlechten Finanzsituation in der Pflege- und Krankenversicherung schwierig sei, die Beiträge in beiden Systemen stabil zu halten. Ziel sei aber, auch durch Empfehlungen einer neu aufgestellten Kommission, die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter zu belasten.

Sie verwies auf laufende Gespräche auf Ministerebene und auf das parlamentarische Verfahren der Haushaltsverhandlungen im Bundestag. Es gebe Signale, dass das Ziel stabiler Beiträge parteiübergreifend unterstützt werde. Sie hoffe, dass „noch weitere Mittel“ bereitgestellt würden – Ergebnisse des Verfahrens stünden aber noch aus. Bereits zu ihrem Amtsantritt musste Warken eine geplante Zahlung für den Dezember um einige Monate vorziehen, um die Krankenkassen kurzfristig zu stützen.

cmk

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