Krankenhausreform überzeugt nicht

Berlin – Das Bundeskabinett hat heute erwartungsgemäß den Entwurf des sogenannten Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG) beschlossen. Aber die Reform überzeugt offenbar niemanden – bis auf die Politik selbst. „Wir schaffen eine solide Arbeitsgrundlage für die rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland und für die Patienten ein Plus an Behandlungssicherheit und Versorgungsqualität“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Die Reform stärke die Spitzenmedizin und sorge dafür, dass sich besonders gute Qualität künftig auch finanziell lohne. „Außerdem bringen wir mehr Pflegepersonal ans Krankenbett. Denn gute Versorgung und Pflege im Krankenhaus können nur dann gelingen, wenn Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger nicht dauerhaft überlastet sind“, so der Minister. Unter dem Strich lege die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vor, der die Qualität der Krankenhausversorgung stärke, die Finanzierungsmöglichkeiten der Krankenhäuser verbessere und Anreize setze, Krankenhäuser umzustrukturieren.
„Diese Krankenhausreform ist viel Etikettenschwindel: Wo Hilfe drauf steht, sind neue Belastungen drin“, kommentierte dagegen der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Thomas Reumann, den Reformentwurf. „Wir haben nicht den Eindruck, dass die für dieses Reformkonzept Verantwortlichen aus Bund und Ländern wirklich wissen, was in den Krankenhäusern los ist“, so der DKG-Präsident.
So wolle die Politik den Krankenhäusern ab 2017 den sogenannten Versorgungszuschlag in Höhe von 0,8 Prozent der DRG-Vergütung streichen. Damit würden den Kliniken mit einem Schlag 500 Millionen Euro pro Jahr ab 2017 gestrichen. Das sei weit mehr als das Personalförderprogramm mit 220 Millionen Euro im Jahr 2017 für die Neueinstellung von Pflegekräften zur Verfügung stelle. „Die zusätzlich höchstens 4.400 Pflegekräfte helfen wenig, wenn gleichzeitig die Mittel für 10.000 Pflegekräfte gekürzt werden“, so der DKG-Präsident. Zumal das Pflegestellenförderprogramm nicht zum Tragen kommen werde, da viele Krankenhäuser den Eigenanteil und die Folgekosten von Neueinstellungen nicht aufbringen könnten.
Krankenhausgesellschaft will Kampagne als Weckruf starten
Auch eine Finanzierung der steigenden Betriebskosten, etwa durch Tarifabschlüsse für die Pflegekräfte oder Ärzte, sei im Reformentwurf nicht vorgesehen. „Was im Gesetzentwurf völlig fehlt, ist eine Lösung des Investitionsstaus“, so Reumann weiter. Der vorgesehene Investitionsfonds helfe nur bei Schließungen oder Umwidmungen, nicht aber den Krankenhäusern, die weiterhin gebraucht würden und in moderne Strukturen investieren müssten. So bleibe auch die angekündigte Qualitätsoffensive „eine Verbaloffensive, weil die erforderlichen Ressourcen nicht in erforderlichem Umfang bereitgestellt werden“, kritisiert der DKG-Chef. Reumann kündigte an, die Krankenhäuser würden deshalb mit einer Kampagne als Weckruf an die Politik in die Offensive gehen, damit die hochwertige und gute Versorgung im Interesse der Patienten flächendeckend und zukunftsfähig erhalten bleibe.
Bundesärztekammer kritisiert fehlende nachhaltige Finanzierung
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hat in einer Stellungnahme die Klinikreform scharf kritisiert. „Ein zentraler Mangel des vorliegenden Reformentwurfes ist die nach wie vor fehlende Sicherung nachhaltiger Finanzgrundlagen für eine zukunftsfeste Ausrichtung der stationären Versorgung in Deutschland“, schreibt die BÄK.
Von empörten Reaktionen, die der Gesetzentwurf in den Kliniken auslöse, berichtet heute die Bayerische Krankenhausgesellschaft. „Die neuen finanziellen Kürzungen bringen das Fass zum Überlaufen“, sagte deren Geschäftsführer Siegfried Hasenbein.
Von einer „absurde Reform“ sprach die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. „So wird das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) zum Krankenhaus-Schließungsgesetz“, erklärte ihr Präsident Jochen Brink.
Unzufrieden mit der Reform ist auch die Techniker Krankenkasse (TK): „Wir brauchen objektive und einheitlich gültige Kriterien für die Entscheidung, ob wir ein Krankenhaus oder eine Fachabteilung in Zukunft noch benötigen“, sagte der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas. Leider könnten die Bundesländer Qualitätskriterien auch nach der neuen Reform bei ihrer Krankenhausplanung ignorieren, indem sie auf ihre „gewachsenen Strukturen“ verweisten, so seine Kritik.
Verdi: Gesetzentwurf löst Personalmangel in Krankenhäusern nicht
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte, der Entwurf biete keine Lösung für den „dramatischen Personalmangel" in den Krankenhäusern. Der Zusammenhang von Versorgungsqualität und genügender Personalstärke werde darin „vollständig ignoriert". Der Deutsche Städtetag forderte die Regierung zu Nachbesserungen auf. Eine „stabile" Klinikversorgung sei darauf angewiesen, dass die laufenden
Personal- und Betriebskosten sowie dringend benötigte Investitionen finanziert würden. „Der Gesetzentwurf erfüllt diese Anforderungen in keiner Weise, sondern veschlechtert sogar die Situation in den Häusern", erklärte der Verband
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