Krankenkassen drängen auf Kostenreduktion bei Arzneimitteln

Kremmen – Neue Arzneimittel mit Patentschutz haben die Kosten für Arzneimittel im ambulanten Bereich in den vergangenen Jahren in die Höhe schnellen lassen. Dies erklärte heute die stellvertretende Vorstandvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Stefanie Stoff-Ahnis.
Da auch der Zusatznutzen einiger Wirkstoffe nicht nachgewiesen ist, mahnt der GKV-Spitzenverband ein rasches Handeln an. Richtig wäre demzufolge etwa eine Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent bei Medikamenten.
„Die Ausgaben gehen durch die Decke, sie bereiten uns erheblich Sorgen“, sagte Stoff-Ahnis. Der Arzneimittelbereich sei inzwischen der zweitgrößte Kostenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). So habe es zwischen 2012 und 2024 einen Aufwuchs um 29 Milliarden Euro gegeben – dies entspreche einer Steigerung um 107 Prozent. „Die Ausgaben haben sich quasi verdoppelt“, sagte sie.
Jeder Beitragszahler habe damit im vergangenen Jahr einen Beitrag von 930 Euro allein für die Arzneimittelversorgung aus Krankenversicherungsbeiträgen bezahlt.
Einen erheblichen Anteil der Kosten verursachen Stoff-Ahnis zufolge neue Wirkstoffe. So seien die Kosten einer Tagesbehandlung mit neuen Wirkstoffen im Zeitraum von 2012 bis 2024 um 176 Prozent gestiegen. Bei den bekannten Wirkstoffen war dieser Wert um 44 Prozent angewachsen.
Allein in den vergangenen fünf Jahren habe es damit rund drei Milliarden Euro Zuwachs im Jahr durch die neuen Wirkstoffe gegeben. Während sie 2012 noch vier Prozent am Gesamtmarkt der Arzneimittel einnahmen, lag der Wert 2024 bei 47 Prozent.
Einen nicht unerheblichen Anteil hätten darunter die Orphan Drugs zur Behandlung von seltenen Erkrankungen gehabt: Laut der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ging jede dritte Neueinführung auf ein Orphan Drug zurück.
Einen Zuwachs habe es auch bei der Anzahl der Hochpreistherapien gegeben. Die Zahl der behandelten Menschen in diesem Bereich hat sich Stoff-Ahnis zufolge verachtfacht. Sie würden längst nicht mehr nur bei seltenen Erkrankungen eingesetzt, sondern auch bei häufigen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz, Parkinson und Diabetes.
Die Krankenkassen seien ganz klar an echten Innovationen und Verbesserungen für die Versorgung von Versicherten interessiert, machte Stoff-Ahnis deutlich. Wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der Nutzenbewertung einen Zusatznutzen feststelle, sei es auch notwendig, dass die Hersteller angemessen dafür bezahlt würden.
„Aber die gesetzliche Krankenversicherung gibt deutlich zu viel Geld aus, für Wirkstoffe ohne Zusatznutzen“, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Einer Auswertung des G-BA zufolge ist demnach mehr als jeder dritte Wirkstoff ohne einen Zusatznutzen.
Verantwortlich dafür sind Stoff-Ahnis zufolge die vielen gesetzgeberischen Eingriffe in das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in den vergangenen Jahren. Unter anderem auch gesetzliche Regelungen zur Preisbildung für Orphan Drugs, die zunächst keine Nutzenbewertungsverfahren vorsehen.
Um die Kostenspirale zu unterbinden und die Beitragszahlenden vor finanzieller Überforderung zu schützen, forderte der GKV-Spitzenverband Sofortmaßnahmen von der Politik.
Unter anderem zählten dazu eine Erhöhung des Herstellerrabatts, verbindliche gesetzliche Vorgaben für die Preisbestimmung und Instrumente für neue Herausforderungen wie beispielsweise durch Gen- und Zelltherapien.
Das AMNOG müsse reformiert werden, um Preis und Leistung wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig brauche es mehr Transparenz zum therapeutischen Wert von Orphan Drugs, hieß es vom Kassenverband.
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