Politik

Krankenkassen wollen Zahnärzte schärfer kontrollieren

  • Dienstag, 10. April 2012
dpa
pa

München – Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) möchten die Abrechnungen der etwa 54.000 Zahnärzte in Deutschland strenger kontrollieren. „Wir wollen endlich Trans­parenz bei den Zahnarztrechnungen“, sagte der Vize-Vorsitzende des GKV-Spitzen­verbandes, Johann-Magnus von Stackel­berg, der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag.

Einem Positionspapier des Verwaltungsbeirats des GKV-Spitzenverbandes zufolge fordern die Kassen, künftig auch den Teil der Rechnung prüfen zu dürfen, den die Versicherten selbst zahlen müssen. Zudem wollen die Kassen ein neues Abrechnungssystem aufbauen.

Laut Vorstandsbeschluss streben sie einen eigenen Preiskatalog für die Zuzahlungen der gesetzlich Versicherten an, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Nach Einschätzung der GKV-Experten würden die Kosten der Patienten beim Zahnarzt damit deutlich sinken.

Denn bislang rechnen die Zahnärzte über die Gebührenordnung der privaten Versicherer ab. Zuzahlungen für eine Krone oder eine Brücke wären dann immer noch nötig, aller Voraussicht nach aber deutlich niedriger als bislang. „Die Patienten müssten dafür ganz sicher weniger bezahlen“, sagte Stackelberg.

Einer Erhebung der Unabhängigen Patientenberatungen zufolge beklagen sich die meisten Patienten über ihren Zahnarzt. Etwa ein Drittel der 2010 eingegangenen Beschwerden gegen Ärzte richteten sich  laut Süddeutscher Zeitung gegen die Zahnmediziner.

Der GKV-Spitzenverband will nun gegensteuern. „Das heutige System ist intransparent und lässt die Versicherten mit der privaten Rechnung für den Zahnersatz alleine“, sagte Stackelberg. Ein Patient könne nicht beurteilen, ob die Rechnung für die neue Zahnkrone richtig und angemessen sei. Die Kassen stünden in der Pflicht, dem Patienten die Rechnungsprüfung abzunehmen.

Die Zahnärzte erteilen Forderungen nach einer stärkeren Kontrolle ihrer Zusatzleistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen eine klare Absage. Die Versicherten hätten bereits „volle Kostentransparenz” bei der Abrechnung der privaten Leistungen, sagte der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz, am Dienstag in Berlin. Die Zahnmediziner rechneten drei Viertel dieser Aufwendungen seit Jahren unverändert nach einem niedrigen Standardsatz ab, betonte er.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wies die Vorwürfe der Kassen als falsch zurück. „Gesetzliche Kassen bezuschussen nur von ihnen festgelegte Grundleistungen - dadurch gegebenenfalls nötig gewordene Zuzahlungen können nicht den Medizinern angekreidet werden“, erklärte BZÄK-Präsident Peter Engel. Wünsche der Patient höherwertige Leistungen, zum Beispiel eine Kunststofffüllung statt Amalgam, werde dies nach der Gebührenordnung abgerechnet.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, unterstützt hingegen den Vorstoß der Kassen. „Es gibt enorme Preisunterscheide für vergleichbare Leistungen“, sagte er der Saarbrücker Zeitung vom Mittwoch. Einige Zahnärzte kassierten ihre Patienten „systematisch ab“, während viele korrekt abrechneten. In der Online-Ausgabe der Bild-Zeitung schlug Lauterbach vor, dass Krankenkassen ihre Erkenntnisse über zu hohe Zahnarzt-Rechnungen ins Internet stellen sollten, um „die schwarzen Schafe“ bloßzustellen.    

Der Gesundheitsexperte der Linksfraktion, Harald Weinberg, warnte, immer mehr Menschen könnten sich keinen Zahnersatz mehr leisten. Es könne aber „nicht angehen, dass Armut an den Zähnen erkennbar ist.“

afp

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