Gesundheit

Krebs: Blindes Vertrauen auf Alternativmedizin kann tödlich sein

  • Freitag, 10. August 2018

Viele Krebspatienten greifen heute zu komplementären Heilmethoden. Das Spektrum reicht von Kräutern und Pflanzen, Vitaminen und Mineralstoffen über die traditionelle chinesische Medizin hin zu  Homöopathie, Naturheilkunde und speziellen Krebsdiäten. Vielen Patienten helfen diese Behandlungen, die Diagnose einer potenziell tödlichen Erkrankung zu bewältigen.

Für bestimmte Therapien wie Massage, Akupunktur, Yoga und Meditation konnte in Studien eine Verbesserung der Lebensqualität nachgewiesen werden. Dass komplementärmedizinische Therapien die Heilung von Krebserkrankungen unterstützen, ist jedoch in der Regel nicht belegt. Kritisch wird es, wenn die Patienten der komplementärmedizinischen Behandlung als Alternative zur Schulmedizin so sehr vertrauen, dass sie auf notwendige Therapien verzichten.

Dies kommt in den USA keineswegs selten vor, wie James Yu von der Yale Universität in New Haven in einer Datenbankanalyse herausgefunden hat. Die Patienten, die nach Kenntnis der Ärzte komplementärmedizinische Therapien eingesetzt hatten, verzichteten häufiger auf Operation (7,0 versus 0,1 Prozent), Chemotherapie (34,1 versus 3,2 Prozent), Radiotherapie (53,0 versus 2,3 Prozent) oder Hormontherapie (33,7 versus 2,8 Prozent).

Zu komplementärmedizinischen Therapien griffen besonders häufig Brustkrebspatientinnen und Patienten, die an Darmkrebs erkrankt waren. Bei beiden Erkrankungen hängt die Heilung stark davon ab, dass alle Komponenten einer multimodalen Therapie durchgeführt werden. Das Ausweichen auf alternativmedizinische Therapien kann hier zum Therapieversagen und zum Tod führen.

Beim Brustkrebs waren nach fünf Jahren 15,2 Prozent der Patienten, die komplementär­medizinische Therapien angegeben hatten, gestorben gegenüber 9,6 Prozent der Frauen, die allein auf die schulmedizinische Behandlung vertraut hatten. Beim Darmkrebs waren 9,2 Prozent der Patienten, die komplementärmedizinische Therapien eingesetzt hatten, in den ersten fünf Jahren verstorben gegenüber 5,6 Prozent der allein schulmedizinisch behandelten Patienten. Beim Lungenkrebs, der insgesamt eine sehr schlechte Prognose hat, waren keine Unterschiede nachweisbar. Beim Prostatakarzinom lässt sich die Prognose nach fünf Jahren noch nicht beurteilen. Insgesamt ermittelte Yu eine Hazard Ratio von 2,08 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,50–2,90). Patienten, die (zu sehr) auf komplementärmedizinische Therapien vertrauten, hatten demnach ein zweifach erhöhtes Risiko.

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