Krebs und Emotionen: Ausstellung widmet sich persönlicher und gesellschaftlicher Dimension

Berlin – Eine Krebsdiagnose bedeutet einen Einschnitt im Leben der Betroffenen – sowohl auf körperlicher Ebene als auch psychisch. Welche Emotionen die Erkrankung auslösen kann thematisiert seit heute eine neue Ausstellung des Berliner Medizinhistorischen Museums (BMM) der Charité.
Unter dem Titel „Da ist etwas. Krebs und Emotionen“ zeigt sie anhand von kulturhistorischen Exponaten, wissenschaftlichen Objekten und interaktiven Medienstationen sowie Filminterviews den Einfluss gesellschaftlicher Normen und Moralvorstellungen auf Gefühle.
„Mit ‚Krebs‘ fährt ein Schreck in die Knochen“, betonte Thomas Schnalke, Direktor des BMM anlässlich der Eröffnung. „Die Ausstellung interveniert in den Präparatesaal Rudolf Virchows und ergänzt die Betrachtung der Organe um das Entscheidende: die Erschütterung, das Erleben und das Leben mit der Krankheit.“
Anstoß zu der Schau hat die Medizinhistorikerin Bettina Hitzer mit ihrem Buch „Krebs fühlen“ gegeben, mit dem sie 2020 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik gewann. „Gefühle galten lange als ahistorisch. Heute hat man erkannt, wie stark Gefühle kulturell geprägt und damit historisch wandelbar sind“, so Hitzer. Diese Erkenntnis werfe ein neues Licht auf die Geschichte von Krankheiten wie Krebs, bei denen Gefühle eine wichtige, aber bislang zu wenig beachtete Rolle spielten.
Die Ausstellung ist eingebettet in den Präparatesaal des Medizinhistorischen Museums. In sechs Modulen widmet sie sich unterschiedlichen Themen und Fragestellungen. So thematisiert eines, warum Patienten in der BRD und DDR noch in den 1970er-Jahren die Krebsdiagnosen gar nicht mitgeteilt wurden.
Auch die sogenannte „Krebspersönlichkeit“ wird behandelt – das Konzept, dass körperlich-geistige Funktionsstörungen (Antike), nervliche Erschöpfungen (um 1900) oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (ab 1950er-Jahre) für die Entstehung des Krebes verantwortlich seien. Empirische Belege für diese Theorie gibt es nicht und in der Onkologie gelten sie heute als Irrglaube.
Dass das Thema trotzdem immer wieder auftaucht, darauf verwies Anne Schmidt, Historikerin und Kuratorin der Ausstellung. „Mit Patientinnen und Patienten kommt man sehr schnell immer wieder darauf, dass sie mit einer Schuldfrage konfrontiert werden – dass irgendetwas mit ihrer Psyche nicht stimmt“, sagte sie.
„Beim Rundgang durch die Ausstellung begegnen die Besucherinnen und Besucher der Krankheit Krebs wie viele Betroffene: zunächst im Rahmen von Aufklärungskampagnen, später im Gespräch mit Ärztinnen und Ärzten, dann während der Therapien“, so Schmidt weiter.
Weitere Module greifen den Aspekt des Behandlungsgesprächs sowie die Geschichte der Krankenhäuser und Behandlungsmöglichkeiten von Krebs aus. Auf Touchscreens sind Geschichten von Patienten abrufbar. Ergänzt wird der Rundgang durch drei Stelen, auf denen Videointerviews mit Patienten, Angehörigen, Onkologinnen und Psychoonkologinnen sowie Pflegekräften zu sehen sind.
Als ergänzendes Element kommen Lichtprojektionen zum Einsatz, die Emotionen auf dem Boden des Saals wiedergeben und die die Besucherinnen und Besucher „durchlaufen“ können. Parallel zur physischen Ausstellung gibt es zudem eine digitale Version.
Die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsstiftung fördern die Ausstellung, die noch bis zum 28. Januar 2024 zu sehen ist.
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