Künstliche Befruchtung: ICSI mit mehr Fehlbildungen

Adelaide – Unter den verschiedenen Formen der künstlichen Befruchtung scheint die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) mit einer erhöhten Rate von Fehlbildungen einher zu gehen. Auch der Einsatz von Clomifen zur Hyperovulation könnte bedenklich sein. Dies geht aus einer Datenbankanalyse hervor, die anlässlich der Vorstellung auf einer Fachtagung in Barcelona im New England Journal of Medicine (2012; doi: 10.1056/NEJMoa1008095) publiziert wurde.
In den letzten Jahren hatte bereits eine Reihe von anderen Kohortenstudien auf eine erhöhte Rate von Fehlbildungen bei Kindern hingewiesen, die mit reproduktionsmedizinischer Unterstützung gezeugt worden waren. Die Analyse des South Australian Birth Defects Registers ist nach Auskunft von Michael Davies, Universität Adelaide, die bisher umfassendste Untersuchung. In die Analyse flossen die Daten von 308.974 Kindern ein, von denen 6.163 mittels künstlicher Befruchtung gezeugt wurden.
Das Register sammelt nicht nur die Daten aus den Geburtsbescheinigungen. Es fließen auch Informationen aus anderen Quellen ein, so dass alle bis zum Alter von 5 Jahren bekannt gewordenen Fehlbildungen erfasst werden. Als Fehlbildungen wurden auch die Zerebralparese und angeborene Stoffwechselstörungen und hämatologische Erkrankungen gezählt. Die Häufigkeit war bei den Kindern nach einer medizinisch assistierten Konzeption mit 8,3 Prozent höher als bei Kindern ohne künstlicher Befruchtung (5,8 Prozent). Dies ergibt eine Odds Ratio von 1,47.
Sie sank nach Berücksichtigung zahlreicher potenzieller Einflussfaktoren (Alter der Mutter, Parität, fetales Geschlecht, Jahr der Geburt, Ethnie und Geburtsland der Mutter, Schwangerschaftsanamnese und Beruf von Mutter oder Vater) auf 1,28. Diese adjustierte Odds Ratio blieb mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,16 bis 1,41 signifikant.
Dank der großen Fallzahl konnte Davies die Daten nach der Art der künstlichen Befruchtung aufschlüsseln. In der adjustierten Analyse verlor die Assoziation mit der In-vitro-Fertilisation (IVF) die statistische Signifikanz, während die Rate der Fehlbildungen nach ICSI mit 9,9 Prozent weiterhin statistisch signifikant war (adjustierte Odds Ratio 1,57; 1,30-1,90).
Davies führt diese um 57 Prozent erhöhte Rate nicht auf die Technik der ICSI zurück, bei der die Chromosomen des Spermiums mit einer Hohlnadel in die Eizelle injiziert werden. Plausibler erscheint ihm, dass die Infertilität Ausdruck einer genetischen Prädisposition ist, zu der die Übertragung von Fehlbildungen gehört. Dafür spricht, dass eine Infertilität in der Anamnese auch dann mit einer erhöhten Rate von Fehlbildungen einherging, wenn der Kinderwunsch am Ende doch ohne künstliche Befruchtung in Erfüllung ging.
Bedenklich stimmt die Autoren, dass der Einsatz von Clomifen mit einer dreifach erhöhten Rate von Fehlbildungen assoziiert war. Dieses Medikament zur Auslösung eines Eisprungs war allerdings nur selten eingesetzt worden, so dass das Konfidenzintervalle weit (wenn auch signifikant) war.
Damit lässt sich das Ausmaß des Risikos nur schwer abschätzen. Problematisch könnte sein, dass Clomifen nicht nur in der Reproduktionsmedizin eingesetzt wird. Es ist auch als preisgünstiges Mittel zur Behandlung einer Amenorrhoe im Einsatz. Davies will die Analyse künftig wiederholen, da mit den Methoden der künstlichen Befruchtung auch deren potenzielle Risiken einem Wandel unterliegen. Weltweit wurden mehr als 3,7 Millionen Kinder nach einer künstlichen Befruchtung geboren.
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