Landessozialgericht stärkt Gesundheitsfürsorge für minderjährige Flüchtlinge

Celle – Minderjährigen Flüchtlingen dürfen medizinische Leistungen nur in Ausnahmefällen und „mit besonderer Begründung“ verweigert werden. Das entschied das Landessozialgericht (LSG) im niedersächsischen Celle zugunsten eines inzwischen 17-jährigen Jugendlichen aus Georgien (Az: L 8 AY 16/23 B ER).
Er war im vergangenen Jahr mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen und leidet unter einem genetisch bedingten Phosphatdiabetes. Die Asylanträge der Familie wurden abgelehnt, die dagegen gerichteten Klagen sind noch anhängig.
Ärzte und Gesundheitsamt sprachen sich für eine zeitnahe Operation aus. Dadurch könne der Patient schmerzarm bis schmerzfrei werden und unter Umständen ohne Hilfsmittel laufen. Die voraussichtlichen Operationskosten betragen rund 17.600 Euro. Das Sozialamt des zuständigen Landkreises lehnte eine Kostenübernahme ab.
Der Jugendliche und seine Eltern seien ausreisepflichtig. Angesichts seines absehbar nur vorübergehenden Aufenthalts sei eine Operation in Deutschland nicht erforderlich. Im Eilverfahren verpflichtete schon das Sozialgericht Braunschweig den Landkreis zur Kostenübernahme. Dem folgte nun auch das LSG.
Zur Begründung verwiesen die Celler Richter auf das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und auf die UN-Kinderrechtskonvention. Danach müsse es „besonders gerechtfertigt werden, wenn eine nach den hiesigen Lebensverhältnissen medizinisch erforderliche Behandlungsmaßnahme als nicht zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich abgelehnt werden soll“.
Dabei müsse die Sozialbehörde neben der Aufenthaltsdauer insbesondere auch „das Ausmaß und die Intensität der tatsächlichen Beeinträchtigung im Fall der Leistungsablehnung“ berücksichtigen. Hier sei davon auszugehen, dass sich der Jugendliche noch länger in Deutschland aufhalten werde.
Durch eine Operation bestehe die Aussicht, dass er künftig nicht mehr auf einen Rollstuhl angewiesen sei und gegebenenfalls sogar ohne Hilfsmittel schmerzarm laufen könne. Vor diesem Hintergrund sei es nicht gerechtfertigt, dem Minderjährigen die medizinisch dringend indizierte Maßnahme vorzuenthalten.
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