Medizin

Lepra als Begleiter der Migration

  • Dienstag, 3. November 2009

Lausanne – Mycobacterium leprae ist seit Urzeiten ein Begleiter der Menschen und die Ausbreitung folgt nach einer Studie in Nature Genetics (2009: doi: 10.1038/ng.477) den bekannten Handelsrouten und Migrationsbewegungen in der Geschichte.

Das Genom von Mycobacterium leprae konnte bereits 1998 entschlüsselt werden. Mittlerweile konnten vier verschiedene Stämme beschrieben werden: Neben einem ost- und einem westafrikanischen gibt es einen indischen und einen europäischen Lepraerreger. Der europäische Lepraerreger stammt vermutlich aus Ägypten. Dort wurde er jedenfalls in einer Mumie aus dem 4. Jahrhundert gefunden.

Dass die Gene identisch sind mit den Erregern, die in mittelalterlichen Gräbern in England, Kroatien und Bulgarien gefunden wurden, überrascht Stewart Cole von der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne nicht. Schließlich waren die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Ägypten enger als jene zwischen Ägypten und Ost- oder Westafrika.

Indien befand sich lange außerhalb der Perspektive des Abendlandes. Der dort verbreitete Lepraerreger wurde in Europa nicht gefunden. Es gab ihn allerdings auf Madagaskar, das zwar vor der Küste Ostafrikas liegt, aber engere Bindungen an den indischen Subkontinent hatte.
 

Eine Überraschung war, dass die in China gefundenen Lepraerreger nicht indischer, sondern europäischer Herkunft sind. Cole vermutet, dass sie über die Seidenstraße ins Land der Mitte gelangten. Später wurde der europäische Erreger auch nach Nord- und Südamerika exportiert, wo sich parallel der westafrikanische Lepraerreger ausbreitete, eine Folge des Sklavenhandels, mit dem die Vorfahren der heutigen Afroamerikaner in die “Neue Welt” gelangten.

Da Mycobacterium leprae ausschließlich den Menschen infiziert, ist seine Ausbreitung an Handelskontakte gebunden oder eher noch an Migrationsbewegungen. Die Übertragung der Lepra erfordert, da der Erreger nur schwer übertragbar ist, einen engen langfristigen Kontakt. Die Teilungsrate des Bakteriums ist sehr langsam und auch sein Genom ist ungewöhnlich stabil.

Die Unterschiede zwischen den vier Stämmen sind minimal. Die geringe Mutationsrate bietet günstige Voraussetzungen für eine Eradikation, da Resistenzen sehr selten sind. Wegen der langsamen Vermehrung ist die Therapie jedoch sehr langwierig, was den Erreger bisher vor der Ausrottung bewahrt hat. Schätzungsweise 700.000 Menschen sollen derzeit mit Mycobacterium leprae infiziert sein.

rme

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