Medizin

Leukämie: Übergewicht und Adipositas verschlechtern Therapieergebnisse

  • Mittwoch, 12. Juli 2023
Dicker blonder Junge steht an einer Straße. /Deboro, AdobeStock.com
/Deboro, AdobeStock.com

Boston – Die zunehmende Zahl von übergewichtigen und adipösen Patienten gefährdet die guten Ergebnisse in der Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL). US-Onkologen beklagen in Blood Advances (2023; DOI: 10.1182/bloodadvances.2023009976) einen Rückgang der Überlebensraten bei adipösen Patien­ten im Jugend- und jüngeren Erwachsenenalter, die die Chemotherapie offenbar schlechter vertragen als normalgewichtige Patienten.

Die ALL, die früher immer tödlich verlief, kann heute in den meisten Fällen geheilt werden. Am günstigsten sind die Ergebnisse im Kindesalter, doch auch bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen werden heute gute Ergebnisse erzielt. Infolge der Adipositasepidemie sind jedoch immer mehr Patienten bei der Diagnose übergewichtig oder adipös. Am Dana-Farber Cancer Institute in Boston ist es mittlerweile fasst jeder zweite Patient.

Shai Shimony und Mitarbeiter haben die Auswirkungen der Gewichtspro­ble­me an 388 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 50 Jahren untersucht, die zwischen 2008 und 2021 an der Klinik behandelt wurden. Das mediane Alter betrug 24 Jahre, und zwei Drittel waren bei der Diagnose jünger als 30 Jahre. Bei 87 % der Patienten wurde mit einer Chemotherapie eine Remission erreicht, wobei das Körpergewicht das Ergebnis hier nicht beeinflusste.

Vier Jahre nach der Behandlung war die Überlebensrate bei den übergewich­tigen oder adipösen Patienten mit 64 % deutlich niedriger als bei den normalgewichtigen Patienten mit 83 %. Bei den normalgewich­ti­gen Patienten war die Überlebensrate bis ins Alter von 50 Jahren gleich, was bemerkenswert ist, da die Behandlungsergebnisse der ALL normaler­weise mit zunehmendem Alter nachlassen.

Die höhere Sterberate bei den übergewichtigen und adipösen Patienten war nicht nur auf häufigere Rezidive der Leukämie zurückzuführen. Das ereignisfreie Überleben sank von 77 % auf 63 %. Auffällig war vor allem ein Anstieg der nicht Leukämiebedingten Todesfälle auf 11,7 % gegenüber 2,8 % unter den normalgewichtigen Patienten.

Shimony vermutet, dass Übergewicht und Adipositas die Verträglichkeit der Chemotherapie verschlechtern. Dafür spricht, dass erhöhte Leberenzyme und erhöhte Glukosewerte bei den übergewichtigen und adipösen Patienten häufiger aufgetreten waren (60,7 % versus 42,2 % beziehungsweise 36,4 % versus 24,4 %). Bei den Triglyzeriden gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Ein Anstieg der Triglyzeride war sogar mit einer verminderten Rate an Rückfällen und Todesfällen assoziiert. Shimony führt dies auf die Aktivität des Enzyms Asparaginase zurück, die ein wichtiger Bestandteil der heutigen Chemotherapie ist.

Der Nachweis einer Hypertriglyzeridämie könnte sogar ein Biomarker für die Wirksamkeit der Behandlung sein, schreibt Shimony. Dies müsste allerdings erst noch durch weitere prospektive Studien bestätigt werden.

rme

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