Männliche Infertilität: Urogenitale Infektionen als mögliche Ursachen
Köln – Bei unerfülltem Kinderwunsch liegt in mindestens der Hälfte der Fälle eine Fertilitätsstörung des Mannes vor. In circa 6-10 Prozent ist die Ursache dafür eine Entzündung des Genitaltraktes. Das Risiko irreversibler Fertilitätsstörungen bei Infektionen im männlichen Genitaltrakt dürfe nicht unterschätzt werden, betonen Hans-Christian Schuppe und Koautoren in einer Übersichtsarbeit in der aktuellen Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes (Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 321–7).
Deshalb sollte eine adäquate Infektions- und Entzündungsdiagnostik beim Mann Bestandteil der Basisuntersuchungen bei unerfülltem Kinderwunsch sein. In ihrem Beitrag fassen die Autoren aus Justus-Liebig-Universität Gießen den aktuellen Kenntnisstand zu den möglichen Auswirkungen urogenitaler Infektionen auf die männliche Fertilität zusammen und geben Empfehlungen zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen.
Wesentliche Ursache von Entzündungsreaktionen im männlichen Genitaltrakt sind über die Harnröhre aufsteigende sexuell übertragbare Erreger oder Uropathogene (etwa Chlamydia trachomatis oder E. coli). Zudem ist die Ausbreitung viraler Infektionen über den Blutkreislauf zu berücksichtigen. Die Diagnostik urogenitaler Infektionen wird bei der Mehrzahl der Patienten mit Fertilitätsstörungen durch asymptomatische, primär chronische Verläufe erschwert.
Nichtinvasive diagnostische Marker stehen bisher nicht zur Verfügung. Insbesondere die Erfassung asymptomatischer Entzündungsreaktionen in Nebenhoden und Hoden ist schwierig; letztere lassen sich nur durch eine Hodenbiopsie sicher diagnostizieren. Bei 25 Prozent der Männer, die sich wegen Infertilität einer Hodenbiopsie unterziehen, finden sich asymptomatische Entzündungsreaktionen.
Über die Auswirkungen einer chronischen Prostataentzündung auf die Fertilität ist auf Grund der Studienlage keine gesicherte Aussage möglich. Dagegen ließ sich feststellen, dass nach akuter Entzündung der Nebenhoden in 10 Prozent der Fälle dauerhaft keine Spermien mehr im Ejakulat enthalten waren und in 30 Prozent der Fälle nur noch eine verminderte Spermienzahl zu finden war; bei etwa 60 Prozent der von einer Entzündung der Nebenhoden betroffenen Männer liegt auch eine Hodenbeteiligung vor. In diesen Fällen ist die Hodenatrophie mit dauerhaftem Verlust der Spermatogenese eine gefürchtete Komplikation.
Bei Nachweis pathogener Keime im männlichen Genitaltrakt ist eine eradizierende antibiotische Therapie indiziert. Allerdings ist dies keine Gewähr dafür, dass es nicht zu einer dauerhaften Einschränkung der Spermienqualität oder Infertilität kommt. Möglich ist, dass die Infektionen dauerhafte immunpathologische Prozesse im Genitaltrakt auslösen.
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