Magensäureblocker: Verordnungsraten gesunken, außer bei Kindern und Jugendlichen

Berlin – 2019 haben Ärzte in Deutschland 12,3 Millionen Bundesbürgern mindestens einmal Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) verschrieben. Das sind 1,3 Millionen Betroffene weniger als im Jahr 2016, aber 61 Prozent mehr als im Jahr 2006 mit 7,6 Millionen Bundesbürgern. Das berichtet die Barmer nach einer Analyse von Versichertendaten und anschließender Hochrechnung auf Bundeszahlen.
Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer, sprach von einem „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Sie wies daraufhin, dass der langfristige Einsatz von PPI das Osteoporoserisiko erhöhen sowie Nierenerkrankungen, Magnesiummangel und Darminfektionen fördern könne.
Die Barmer-Analyse zeigt auch, dass die Betroffenen pro Jahr weniger Rezepte erhalten. Im Schnitt waren es im Jahr 2006 noch 2,9 Rezepte und im Jahr 2019 2,4 Verordnungen. Das entspricht einem Rückgang um rund 17 Prozent. Allerdings ist im selben Zeitraum die Summe der pro Jahr und Patient verordneten Tagesdosen um 100 Prozent gestiegen.
„Es scheint, dass inzwischen verstärkt die Personen Magensäureblocker verschrieben bekommen, die sie dringend benötigen“, so Marschall. Dabei könne es sich zum Beispiel um Menschen mit langwierigen oder chronischen Erkrankungen handeln, die pro Rezept eine größere Menge an Magensäureblockern verordnet bekommen. Das könne zu einer Zunahme der verordneten Tagesdosen pro Patient führen, weil der Bedarf für kurzdauernde oder niedrig dosierte PPI verstärkt durch die rezeptfreien Varianten abgedeckt würde.
Die Auswertung der Kasse zeigt auch, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen den Jahren 2006 und 2019 trotz jüngster Rückgänge verstärkt Magensäureblocker erhalten haben. So stieg der Anteil unter den 10- bis 14-Jährigen von 0,42 auf 1,15 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs um 173 Prozent. Damit bekamen, hochgerechnet für Deutschland, im Jahr 2019 rund 42.500 Kinder und Jugendliche in dieser Altersgruppe Magensäureblocker verordnet.
Unter den 15- bis 19-Jährigen stieg der Anteil um 165 Prozent, von 1,61 auf 4,27 Prozent, was über 168.000 der Personen dieses Alters entspricht. Bei den 20- bis 24-Jährigen lag das Plus bei 123,2 Prozent, von 2,64 auf 5,89 Prozent, das sind 272.000 junge Frauen und Männer.
„Die Zahl junger Menschen mit PPI-Verordnungen ist zuletzt zwar leicht gesunken. Dennoch sind die Betroffenenraten nach wie vor viel zu hoch. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich junge Menschen häufig unter Druck fühlen, was ihnen buchstäblich auf den Magen schlägt“, so Marschall.
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