Magnete in Luftschadstoffen erreichen über die Nase das Gehirn
Lancaster – In Verbrennungsmotoren, aber auch beim Bremsen entstehen magnetische Nanopartikel, die vermutlich über die Nase das Gehirn erreichen, wo sie britische Forscher laut einer Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2015; doi: 10.1073/pnas.1605941113) jetzt nachgewiesen haben.
Der Geophysiker Joe Kirschvink vom California Institute of Technology in Pasadena hat bereits vor fast 25 Jahren gezeigt, dass das menschliche Gehirn, wenn auch in sehr geringem Ausmaß, magnetische Eigenschaften hat. Kirschvink spekulierte kürzlich noch in Science darüber, ob die „Magnetrezeptoren“ nicht vielleicht ein verborgener sechster Sinn seien, mit dem, wenn nicht wir, so doch unsere Vorfahren in der Evolution das Magnetfeld der Erde aufspüren konnten. Barbara Maher von der Universität Lancaster hat jetzt eine profanere Erklärung gefunden.
Zusammen mit Kollegen der Universität Oxford hat die Forscherin 93 Gehirne von Menschen untersucht, die zumeist in Mexico City zeit ihres Lebens hohen Schadstoffemissionen ausgesetzt waren. In ihren Gehirnen fanden sich kleine magnetische Metallablagerungen, die keineswegs den Magnetpartikeln ähneln, die in vielen Spezies, von Bakterien bis zu Vögeln, gefunden werden.
Form und Oberflächenstruktur der magnetischen Teilchen glichen vielmehr den Schadstoffen, die bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in Automotoren, Kraftwerken oder in der Hüttenindustrie entstehen und die in der Luft in kleinster Menge nachweisbar sind. Diese Partikel haben eine Größe von 10 bis 150 Nanometern. Sie könnten deshalb beim Einatmen über die Lunge ins Blut gelangen. Sie könnten aber auch über das Riechepithel der Nase und den Riechnerven den direkten Weg in das Gehirn nehmen, wo sie jetzt von den Forschern nachgewiesen wurden.
Für eine Herkunft aus der Umwelt spricht laut Maher, dass die Magnetite anders als die biologischen „Magnetrezeptoren“ nicht allein aus Eisen bestehen. Die meisten enthielten weitere Elemente wie Platin, Nickel und Kobalt. Diese Mischverbindungen sind nachweislich toxisch. Bei der Reaktion mit dem organischen Gewebe entstehen Sauerstoffradikale, die Hirnzellen schädigen könnten. Da der Weg über den Riechnerven direkt zu Orten wie dem Hippocampus führen, an dem auch degenerative Erkrankungen wie der Morbus Alzheimer ihren Ursprung haben, liegt es nahe, über einen möglichen Zusammenhang zu spekulieren.
Dass dies nicht ganz von der Hand zu weisen ist, zeigen im letzten Jahr in Scientific Reports (2015; 5: 17261) publizierte Laborergebnisse. Ein Team um Jordi Soriano von der Universität Barcelona hatte Nervenzellen mit Magnetiten dotiert und dadurch die Ablagerung von Beta-Amyloiden ausgelöst, die ein zentrales Kennzeichen des Morbus Alzheimer sind. In epidemiologischen Studien konnte zudem eine Assoziation zwischen dem Grade der Luftverschmutzung und der Häufigkeit von Alzheimer-Demenzen nachgewiesen werden. Welche Rolle dabei die Magnetite spielen, ist jedoch derzeit unklar.
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