Mahnungen kurz vor dem heutigen Krankenhausgipfel

Berlin – Zum Krankenhausgipfel treffen sich ab heute Mittag in Berlin prominente Gesundheitspolitiker aus Bund und Ländern sowie Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und medizinischer Organisationen – unter anderem der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Teilnehmen sollen etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) und KBV-Chef Andreas Gassen.
Zentrales Thema ist die geplante und heftig umstrittene Krankenhausreform. Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachten Gesetzespläne sollen finanziellen Druck für die Kliniken mindern und einheitliche Qualitätsregeln verankern.
Dafür ist vorgesehen, die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte „Leistungsgruppen“ sein, die Mindestvoraussetzungen festlegen.
Die Klinikbranche fordert angesichts steigender Kosten und Finanznöte bei vielen Häusern schnelle zusätzliche Finanzspritzen. Zur Krankenhausreform, die vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht wurde, ist am 25. September eine Expertenanhörung im Parlament geplant.
Vor dem heutigen Gipfel hatte DKG-Chef Gerald Gaß in der Augsburger Allgemeinen gemahnt, die finanzielle Lage der Kliniken sei „so ernst wie noch nie“. „Jede zweite Klinik plant notgedrungen eine Verschärfung der Sparmaßnahmen, die mitunter versorgungsrelevante Bereiche betreffen.“
Gaß rief Lauterbach dazu auf, die Vergütungen der Krankenkassen an die gestiegene Inflation und Lohnerhöhungen anzupassen. „Seit den Jahren 2022 und 2023 laufen den Kliniken die Kosten davon“, erklärte Gaß. „Ohne einen Ausgleich für diese Inflationsfolgen sind immer mehr Häuser in ihrer Existenz bedroht.“ Die DKG erwartet im laufenden Jahr ein Defizit der Kliniken von insgesamt sechs Milliarden Euro.
Sollte die Vergütung der Krankenhäuser nicht verbessert werden, drohen nach Einschätzung von Gaß Einschränkungen in der Patientenversorgung. So könnten Wartelisten für planbare Operationen eingeführt werden. „Das deutsche Gesundheitssystem droht sein Markenzeichen zu verlieren, dass Patienten – egal ob gesetzlich oder privat versichert – einen schnellen Zugang zu Krankenhäusern mit einer guten Auswahl haben“, sagte der DKG-Chef.
Die von der Ampelkoalition geplante Krankenhausreform bringe keine echte Verbesserung. Gaß forderte die Länder auf, das Gesetz im Bundesrat zu blockieren und dann in einem Vermittlungsverfahren grundlegend zu verbessern.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte heute Soforthilfen für die Kliniken. „Immer mehr Kliniken stehen wegen der hohen Betriebskosten am Rand ihrer Existenzfähigkeit“, sagte sie. „Die Bundesregierung darf dem Krankenhaussterben in Deutschland nicht länger tatenlos zuschauen.“ Sie müsse die Warnung der Deutschen Krankenhausgesellschaft vor Einschränkungen in der Patientenversorgung angesichts steigender Kosten und wachsender Defizite ernst nehmen, betonte Gerlach.
Patientenschützer warfen Lauterbach eine mangelnde Finanzierung seiner Reformpläne für die Kliniken vor. Weder Bund noch Länder hätten ausreichend Geld für die Krankenhausreform eingeplant, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Transformation der 1.750 Krankenhäuser ist notwendig und kostet Geld. Aber genau das fehlt“, fügte er hinzu.
Lauterbach habe für die Umstrukturierung „nichts im Bundeshaushalt zurückgelegt“, kritisierte Brysch. Stattdessen greift er „ungeniert in den Gesundheitsfonds der Versicherten“. Auch die Finanzpläne der Bundesländer für die Kliniken kritisierte der Verbandsvorsitzende als „dürftig“.
Zudem fehle bei dem Reformvorhaben die Perspektive der Patientinnen und die Patienten, kritisierte Brysch. „Qualität und Fehlermanagement spielen weiterhin keine Rolle in der stationären Patientenversorgung“, sagte er. „Am Ende werden Ärzte und Pflegekräften das Hamsterrad immer schneller drehen.“
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