Mammographie: Häufige Überdiagnose in Dänemark

Kopenhagen – Die Einführung des Mammographie-Screenings, die in Dänemark seit den 1990er Jahren sukzessive in verschiedenen Regionen erfolgte, hat laut einer Studie in den Annals of Internal Medicine (2017; doi: 10.7326/M16-0270) die Zahl der fortgeschrittenen Brustkrebsdiagnosen bisher nicht gesenkt. Es kam jedoch zu einem deutlichen Anstieg von Früh- und Überdiagnosen.
Über Nutzen und Schaden der Mammographie wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Öffentliche Institute wie die International Agency for Research on Cancer (IARC) oder dir US Preventive Services Task Force stellen den Nutzen heraus, der in einer Senkung der Brustkrebssterblichkeit besteht.
Kritiker wie Karsten Jørgensen und Peter Gøtzsche vom Nordischen Cochrane Center in Kopenhagen weisen seit Jahren auf das Risiko einer Überdiagnose hin. Es ergibt sich aus Diagnose von Brustkrebserkrankungen, die zu Lebzeiten der betroffenen Frau ohne Früherkennungsuntersuchung nicht auffällig geworden wären, weil sie sehr langsam wachsen oder sich sogar spontan zurück entwickeln.
Jørgensen und Gøtzsche haben ihre Kritik bisher vor allem auf ältere randomisierte klinische Studien gestützt, die mehrere Jahrzehnte zurückliegen und deren Relevanz für die Gegenwart aufgrund der technischen Entwicklung in der Mammographie und der Befundung in Zweifel gezogen werden kann. Jetzt haben die beiden Autoren die Daten des dänischen Mammographie-Programms ausgewertet.
Sie nutzen dabei die Tatsache, dass das Programm Anfang der 1990er Jahre zunächst nur in Kopenhagen und auf der Insel Fünen für die Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen eingeführt wurde. Erst später kamen andere Regionen und Altersgruppen hinzu. Der simultane Vergleich der Diagnosen in Regionen mit und ohne Screening vermeidet eine Verzerrung, die sich aus der zeitlichen Entwicklung der Brustkrebsinzidenz ergeben kann.
Ergebnis: In den gescreenten Regionen ist es bisher nicht zu einem Rückgang in der Inzidenz der fortgeschrittenen Tumore gekommen, die Voraussetzung für einen Rückgang der Brustkrebssterblichkeit ist. Dafür ist es zu einem deutlichen Anstieg der Frühdiagnosen gekommen. Jørgensen und Gøtzsche deuten dies als Zeichen für eine häufige Überdiagnose, deren Anteil sie mit 14,7 Prozent (ohne Duktales Karzinom in situ, DCIS) und 24,4 Prozent (mit DCIS) angeben. Bei jüngeren Frauen liegt der Anteil nach den Berechnungen der Autoren sogar bei 38,6 Prozent (ohne DCIS) und 48,3 Prozent (mit DCIS).
Jørgensen meinte gegenüber der Presse, dass er ein Screening von Krebskrankheiten nicht grundsätzlich ablehne. Beim Darmkrebs sei der Nutzen erwiesen. Eine Überdiagnose, die in der unnötigen Entfernung von Darmpolypen besteht, hat dort keine Nachteile für den Patienten. Beim Brustkrebs sei dies anders. Die Diagnose sei für die meisten Frauen belastend und eine unnötige operative Behandlung hinterlasse auf jeden Fall einen Schaden.
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