Marburger Bund fordert Erhalt der Tarifpluralität und Tarifverträge für ambulanten Bereich

Düsseldorf – Die Tarifpluralität in den Krankenhäusern soll erhalten bleiben. Außerdem sollen Tarifverträge für angestellte Ärztinnen und Ärzte in den Praxen ermöglicht werden. Das hat der Marburger Bund (MB) heute bei seiner Hauptversammlung in Düsseldorf gefordert.
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sehe vor, dass künftig in den Betrieben nur diejenige Gewerkschaft Tarifverträge verhandeln könne, der die Mehrheit der Angestellten angehörten, sagte der Bundesvorsitzende des MB, Rudolf Henke. „Das lehnen wir ab. Wir wollen unter keine fremde Knute.“ Denn in den Krankenhäusern dürfte in aller Regel die Gewerkschaft Verdi die meisten Mitglieder haben.
Gang vor das Bundesverfassungsgericht nicht ausgeschlossen
Henke kündigte an, dass die Ärztegewerkschaft mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen eine solche Regelung vorgehen werde. Er schloss erneut einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht nicht aus. Denn nach Ansicht des MB verstieße die Tarifeinheit gegen die Koalitionsfreiheit und schränke das Streikrecht der Ärztinnen und Ärzte ein. Henke erinnerte noch einmal an eine entsprechende Petition im Bundestag, die Gegner der Tarifeinheit noch zeichnen könnten.
MB will angestellte Ärzte in den Praxen gewerkschaftlich vertreten
Für Kontroversen beim Deutschen Ärztetag, der am Dienstag in Düsseldorf beginnt, dürfte die Forderung des MB sorgen, auch die angestellten Ärzte in den Praxen gewerkschaftlich zu vertreten. Damit zielt die Ärztegewerkschaft in erster Linie auf Ärztinnen und Ärzte, die im ambulanten Bereich einen Teil ihrer Weiterbildung absolvieren. Diese Möglichkeit soll nach dem Willen von Politik und Ärzteschaft ausgebaut werden.
Das Problem ist jedoch, dass es im niedergelassenen Bereich keine Arbeitgeberorganisation gibt, mit der der MB Tarifverhandlungen führen könnte. Die KBV sehe sich als Körperschaft mit Zwangsmitgliedern selbst nicht als tariffähig an, erklärte Henke. Das könne er nachvollziehen. Er könne sich jedoch vorstellen, mit einem Verbund aus ärztlichen Berufsverbänden solche Verträge abzuschließen.
Bei diesen stößt die Forderung des MB jedoch auf wenig Gegenliebe. Der Deutsche Hausärzteverband setzte bei seiner Frühjahrstagung Anfang Mai stattdessen auf eine Selbstverpflichtung, um die Arbeitsbedingungen der Weiterbildungsassistenten in den Hausarztpraxen zu verbessern. Die Delegierten beschlossen einen Kodex, in dem sich die Weiterbilder freiwillig zur Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards verpflichten. Dazu gehört auch die Zahlung eines Gehalts in Anlehnung an den Tarifvertrag für kommunale Krankenhäuser.
„Es ist gut, wenn ein solcher Kodex eingehalten wird“, sagte dazu der MB-Vorsitzende Henke. „Ein solcher Kodex wäre aber besser mit uns zusammen erarbeitet worden.“ Henke begrüßte jedoch, dass der Hausärzteverband sich gegen eine ambulante Pflichtweiterbildung in allen grundversorgenden Fächern ausgesprochen hat. Mit Blick auf den anstehenden Deutschen Ärztetag sagte Henke: „Man würde sich beruhigter fühlen, wenn mehrere Verbände sich so äußern würden.“ Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte angekündigt, erneut einen Antrag in das Ärzteparlament einzubringen, der eine solche Pflicht fordert. Der MB lehnt diese kategorisch ab.
Bevor man Änderungen an der Weiterbildungsordnung vornehme, müsse zunächst einmal die gesetzliche Grundlage für die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung geschaffen werden, betonte Henke. Das beste Modell, so der MB-Vorsitzende, wäre, wenn der Arzt in Weiterbildung durch die von ihm erbrachten Leistungen sein Gehalt erwirtschafte. So funktioniere das im Prinzip auch im Krankenhaus.
Weiterbildung in den Krankenhäusern leidet unter knappen Budgets
In diesem Zusammenhang wies Henke jedoch erneut darauf hin, dass auch die Weiterbildung in den Krankenhäusern unter den knappen Budgets leidet. Als Beleg führte er die Ergebnisse der jüngsten MB-Umfrage unter den Mitgliedern an, die sich zurzeit in der Weiterbildung befinden oder diese vor kurzem abgeschlossen haben.
Dabei gaben 23 Prozent der Befragten an, überwiegend von anderen Ärzten in der Weiterbildung angeleitet zu werden, obwohl die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vorsieht, dass die Weiterbildung unter Anleitung „befugter Ärzte“ erfolgen soll. Die Mehrheit (53 Prozent) wird in erster Linie von Oberärzten angeleitet, 18 Prozent erhalten ihre Anleitung von Fachärzten und nur drei Prozent von Chefärzten.
Unzufrieden zeigten sich die Befragten auch mit der Vermittlung von Weiterbildungsinhalten. Sie könnten im klinischen Alltag nur unzureichend erworben werden, meinten 63 Prozent der Befragten. 58 Prozent müssen vorgeschriebene Inhalte außerhalb der regulären Arbeitszeit erlernen. „Investitionsloch frisst Weiterbildung“, sagte Henke dazu. „Dafür muss die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform, die am Montag ihre Arbeit aufnimmt, eine Lösung finden.“ Die Krankenhäuser müssten allen ihren Leistungsansprüchen gerecht werden können, auch der Weiterbildung.
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