Ärzteschaft

Marburger Bund fordert neuen Rettungsschirm für Krankenhäuser

  • Samstag, 7. November 2020
Johna-skaliert
Susanne Johna

Berlin – Die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), Susanne Johna, hat an Bundes­gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appelliert, wieder einen finanziellen Rettungsschirm für die Krankenhäuser aufzuspannen – so, wie in der ersten Welle der Coronapandemie im Frühjahr. „Wir befinden uns nicht in einem Kurzstreckenlauf, sondern in einem Marathon“, sagte Johna heute auf der virtuellen Hauptversammlung des MB. „Deshalb muss man jetzt das Personal entlasten, wo immer es geht. Nur so lassen sich hohe Infektionsraten auch beim Personal vermeiden.“

Wer überlastet und übermüdet sei, mache Fehler, auch im Bereich der Hygiene. „Deshalb ist es essenziell, dass wir weiter gegen die Überlastung des Personals kämpfen“, so Johna. Und das sei nur möglich, wenn die Krankenhäuser in dieser Phase der Pandemie Planungs­sicherheit erhielten und elektive Eingriffe verschieben könnten. Zudem müssten die Krankenhäuser jetzt wieder von Dokumentationen für die Abrechnungen und von Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung entlastet werden. „Umgang mit Personal ist fahrlässig“

Johna kritisierte, dass sich viele Krankenhäuser während des Sommers nicht so auf die zweite Pandemiewelle vorbereitet hätten, wie es möglich gewesen wäre, vor allem im Bereich der persönlichen Schutzausrüstung. Es gebe noch immer Krankenhäuser, die Schutzausrüstung an ihr Personal ausgäben, das nicht CE-zertifiziert sei. „Es ist fahrlässig, wie mit der Gesundheit der Menschen umgegangen wird, die an der Front arbeiten und sich darauf verlassen müssen, bestmöglich geschützt zu sein“, sagte Johna.

„Warum ist es nicht möglich, die Bestände vom TÜV prüfen zu lassen“, fragte sie. Was derzeit in den Lagern der Krankenhäuser liege und über welche Qualität es verfüge, sei deshalb schwer zu beurteilen. „Leider hat bei niedrigen Infektionsraten im Sommer die Sorglosigkeit um sich gegriffen“, so die MB-Vorsitzende.

Druck auf Klinikärzte steigt

„Viele Kollegen spüren den enormen Druck, der von dem Anstieg der COVID-19-Zahlen auf die Krankenhäuser ausgeht“, sagte Sven Dreyer, Mitglied des MB-Bundesvorstands. „Wir hören, dass sich viele Kollegen deshalb an psychiatrische Kliniken wenden. Wir hören, wie verloren sie sich vorkommen, weil sie während der Pandemie fachfremd eingesetzt werden.“ Und auch der ethische Druck nehme mit der steigenden Zahl an COVID-19-Patienten zu. „Denn nun muss in vielen Häusern entschieden werden, welche Eingriffe verschoben werden und welche nicht“, so Dreyer.

Johna betonte, dass es vermieden werden müsse, dass es regional zu einer Rosinenpickerei komme, „dass eine Klinik jetzt sagt, wir machen business as usual und die anderen Kliniken müssen das dann abfangen“.

Die Krankheit heilen, nicht die Symptome

Zudem kritisierte sie die im Referentenentwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens enthaltene Regelung, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung künftig für die Ersteinschätzung in den Notaufnahmen zuständig sein soll. „Das ist ein Schlag ins Gesicht“, sagte Johna. „Und es ist nicht nachvollziehbar, zumal seit Januar ein Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung auf Eis liegt. Es sollten keine Pflöcke eingeschlagen werden, bevor nicht das Gesamtkonzept steht.“

Darüber hinaus kritisierte sie, dass das Gesetz erneut mehr Kontrolle und mehr Dokumen­tationen beinhalte. „Begründet wird das mit der Qualität der Versorgung“, sagte Johna. „Auch wir wollen eine hochwertige Patientenversorgung. Die werden wir mit mehr Personal am Schreibtisch aber sicherlich nicht erreichen. Wir brauchen den Mut, nicht die Symptome, sondern die Krankheit zu heilen. Und diese wurzelt im Finanzierungssystem, in der Überlastung des knappen Personals mit bürokratischen Vorgaben und einer unzureichenden Krankenhausplanung durch die Bundesländer.“

fos

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