Ärzteschaft

Marburger Bund warnt vor Aushebelung ethischer Standards bei der Forschung am Menschen

  • Dienstag, 25. September 2012

Berlin – Der Marburger Bund (MB) hat an den Gesundheitsauschuss des Deutschen Bundestages appelliert, einen Vorschlag der Europäischen Kommission zu neuen Regeln für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln abzulehnen. „Die Europäische Kommission will die bisher geltenden, international anerkannten Regeln für die Forschung am Menschen unterlaufen und den Schutzstandard dramatisch herabsetzen. Dagegen werden wir Ärzte uns mit aller Macht zur Wehr setzen“, kündigt Rudolf Henke, Erster Vorsitzender des MB, an. Auch die Bundesärztekammer hatte bereits kritisiert, der Vorschlag der Kommission für eine entsprechende Verordnung werde zentralen ethischen Prinzipien und ärztlichen Überzeugungen nicht gerecht.

Hintergrund
Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 (Richtlinie 2001/20/EG ) soll gewährleisten, dass klinische Prüfungen innerhalb der Europäischen Union grundsätzlich international anerkannte ethische und wissenschaftliche Qualitätsanforderungen einhalten. Sie baut dabei wesentlich auf dem Katalog ethischer Grundsätze für die Forschung am Menschen auf, der in der Deklaration von Helsinki niedergelegt ist. Statt der Richtlinie soll künftig eine Verordnung die Prinzipien der „guten klinischen Praxis“ für klinische Studien regeln. Eben dieser Verordnungsentwurf ist jetzt in der Kritik.

Nach dem Entwurf der Kommission soll die Vorschrift entfallen, dass vor Beginn einer klinischen Prüfung das Votum einer unabhängigen Ethik-Kommission einzuholen ist, die den Schutz der Patienten und Probanden sicherstellt. Darüber hinaus werden durch den Kommissionsvorschlag bisher geltende Schutzvorschriften für Minderjährige in klinischen Studien faktisch außer Kraft gesetzt. „Die Kommission will die mit der Richtlinie 2001/20/EG eingeführten Verfahren schneller, einfacher und kostengünstiger machen. Dabei öffnet sie aber der fremdnützigen Forschung am Menschen Tür und Tor“, kritisierte Henke.
Konkret fordert der MB

  • Eine effektive Beteiligung der betroffenen EU-Mitgliedstaaten an der Gestaltung der neuen Verordnung

  • eine ausdrückliche Einbindung unabhängiger Ethik-Kommissionen im Sinne der Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes

  • die Sicherstellung, dass eine ablehnende Entscheidung der Ethik-Kommission zu einer Versagung der Genehmigung führt

  • eine Öffnungsklausel für die Einführung höherer Schutzstandards für vulnerable Gruppen durch die Mitgliedstaaten.

http://www.aerzteblatt.de/archiv/130232?s=klinische+Studien  |  Zur Kritik der Bundesärztekammer am Verordnungsvorschlag

hil

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