Melioidosis: Tropenkrankheit erreicht den Süden der USA

Atlanta – Im US-Staat Mississippi sind drei Männer an einer Melioidosis erkrankt, dessen Erreger daraufhin im Erdreich nachgewiesen werden konnte. Die im New England Journal of Medicine (NEJM 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2306448) vorgestellten Fälle sind bemerkenswert, weil die Erreger bisher auf tropische Länder zwischen den 20. Breitengraden beschränkt zu sein schienen.
An einer Melioidosis erkranken jedes Jahr schätzungsweise 165.000 Menschen, von denen 89.000 sterben. Die meisten Fälle werden in Südostasien und Nordaustralien diagnostiziert. In Thailand werden jedes Jahr 2.000 bis 3.000 Erkrankungen bakteriologisch bestätigt.
Erreger ist Burkholderia pseudomallei, ein gram-negatives stäbchenförmiges Bakterium, das durch eine Geißel beweglich ist. B. pseudomallei ist im Erdreich vorhanden, wo er sich bei optimalen Temperaturen von 37-42°C stark vermehren kann.
Die Patienten infizieren sich typischerweise bei der Arbeit auf den Reisfeldern, wo die Bakterien über eine Hautwunde in den Körper eindringen können, was zu schweren Abszessen führt. Oder sie atmen die Erreger an regnerischen und stürmischen Tagen über die Lungen ein. Dann kommt es zu einer schweren Lungenentzündung.
In Deutschland wurden nach dem Tsunami vom 26. Dezember 2004 mindestens zwei Reiserückkehrer an deutschen Kliniken behandelt. Sie hatten mit den Flutwellen kontaminiertes Wasser aspiriert, oder die Bakterien waren über die Verletzungen in den Körper eingedrungen.
Im Jahr 2014 berichtete das Epidemiologische Bulletin über eine 72-jährige Frau, die sich vermutlich während einer der derzeit beliebten Kreuzfahrten infiziert hatte. Die Erreger waren über eine Wunde in den Oberschenkel eingedrungen und hatten einen schweren Abszess ausgelöst.
Ansonsten ist die Erkrankung außerhalb der tropischen Regionen so gut wie unbekannt. In gemäßigten Klimazonen kommt Burkholderia pseudomallei nicht vor, weil das Bakterium eine Bodentemperatur von mindestens 10°C benötigt. Kalte Winter übersteht es nicht.
Auch in den USA sind lange Zeit nur sporadisch reisemedizinische Erkrankungen aufgetreten. In den letzten Jahren wurden jedoch immer wieder Infektionen bei Personen beobachtet, die nicht im Ausland gewesen waren. Ein Team um Mindy Elrod von den US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta ist drei Erkrankungen im US-Staat Mississippi auf den Grund gegangen.
Zwei Männer im Alter von 39 und 62 Jahren waren an einer schweren Pneumonie erkrankt. Beide lebten nur 7 km voneinander entfernt im Mississippi-Delta. Beide waren Hobby-Angler, der eine ging auch bei schlechtem Wetter angeln, was die Aufnahme der Bakterien erleichtert haben könnte. Der andere wohnte in einem ehemaligen Sumpfgebiet in einer Siedlung, die nach dem Hurricane Katrina errichtet wurde.
Auch hier gab es vermutlich Gelegenheit, die Bakterien einzuatmen. Die Forscher fanden die Bakterien dann tatsächlich in Bodenproben vom Grundstück des ersten Patienten. Die Sequenzierung ergab eine weitgehende Übereinstimmung mit den Erregern der beiden Patienten. Die CDC-Forscher sind deshalb sicher, dass sich die beiden Patienten in der Nähe ihres Wohnortes infiziert haben.
Dieselben Bakterien wurden auch bei dem dritten Patienten nachgewiesen, der an einem epiduralen Abszess erkrankt war. Die Bakterien sind vermutlich über die Blutgefäße dorthin gelangt. Die Melioidosis kann ähnlich wie die Tuberkulose hämatogen in verschiedene Organe streuen. Die Erkrankung kann deshalb zu den unterschiedlichsten Symptomen führen, weshalb sie häufig erst spät erkannt wird.
Eine weitere Parallele zur Tuberkulose ist eine erhöhte Anfälligkeit von abwehrgeschwächten Personen. Zu den Risikofaktoren gehören vor allem ein Diabetes mellitus, ein exzessiver Alkoholkonsum, chronische Erkrankungen von Lungen, Leber und Nieren oder auch Krebserkrankungen oder die Einnahme von Immunsuppressiva.
Australische Mediziner haben in Lancet Infectious Diseases (2021; DOI: 10.1016/S1473-3099(21)00022-0) die Erfahrungen von 1.148 Personen mit kulturell bestätigter Melioidose vorgestellt. Die meisten Teilnehmer (80 %) der „Darwin Prospective Melioidosis Study“ waren während der Regenzeit von November bis April erkrankt.
Die Patienten waren im Durchschnitt 50 Jahre alt. Es gab aber auch 48 Kinder (4 %) unter 15 Jahren. Bis auf 186 Patienten (16 %) hatten alle klinische Risikofaktoren: 45 % hatten Diabetes, 40 % einen exzessiven Alkoholkonsum.
Mit 52 % waren mehr als die Hälfte der Patienten an einer Lungenentzündung erkrankt. Bei 56 % war es zu einer Bakteriämie und bei 21 % zu einem septischen Schock gekommen, 16 % mussten mechanisch beatmet werden.
Der Erreger ist mit Burkholderia mallei verwandt, der vor allem Pferde infiziert. Es sind allerdings zoonotische Übertragungen möglich. In Frankreich kam es in den 1970er-Jahren zu einer Epidemie in Zoos und Reitclubs. Damals starben mindestens zwei Menschen an einer Melioidosis.
Der von den Medien als „l’affaire du jardin des plantes“ bezeichnete Ausbruch konnte erst nach längerer Zeit gestoppt werden. Die Experten vermuteten, dass die Erreger mit Pferden aus dem Iran eingeschleppt wurden, die der Schah der Gattin des französischen Präsidenten geschenkt hatte. Es verendete aber auch ein Panda, den Mao Tse-Tung dem Pariser Zoo übergeben hatte.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: