Medizin

Metaanalyse: Bauchlage schützt wache COVID-19-Patienten vor Intubation

  • Donnerstag, 8. Dezember 2022
/picture alliance, Bodo Schackow
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Edmonton – Patienten mit COVID-19, die aufgrund schwerer Atemprobleme im Krankenhaus behandelt werden müssen, benötigen tatsächlich seltener eine Intubation, wenn sich auf dem Bauch liegen. Aber einen eindeutigen Effekt auf die Mortalität und andere Endpunkte gibt es nicht. Das zeigt eine Metaanalyse von randomisierten Studien im BMJ (2022; DOI: 10.1136/ bmj-2022-071966).

Schon seit den 1970ern gehört die Bauchlagerung zum Therapiestandard für Patienten mit akutem Atemnotsyndrom (ARDS). Sie ermöglicht eine stärkere Ausdehnung der Lunge, wodurch der Patient tiefer atmen kann. Üblicherweise handelt es sich dabei um Intensivpatienten, die sediert und intubiert sind. Aber im Februar 2020 kamen die ersten Berichte, dass auch wache COVID-19-Patienten von der Bauchlagerung profitieren.

Seither haben eine ganze Reihe von Studien die Effektivität bei wachen Patienten mit COVID-19 untersucht, aber die Ergebnisse erwiesen sich als widersprüchlich. Jason Weatherald von der Division of Pulmonary Medicine der University of Alberta in Edmonton, Kanada, und seine Kollegen führten einen systematischen Review der medizinischen Literatur durch.

Sie fanden 17 randomisierte Studien, in denen die Bauchlagerung bei wachen COVID-19-Patienten mit hypoxämischem Atemversagen gegen die Standardtherapie verglichen wurde.

Die Patienten verbrachten knapp drei Stunden auf dem Bauch

Die Metanalyse der 17 Studien umfasste insgesamt 2.931 nicht intubierte Patienten, die ohne mechanische Unterstützung atmen konnten und im Schnitt 2,8 Stunden am Tag auf dem Bauch lagen. Die kurze Dauer der Bauchlagerung könnte darin begründet sein, dass es wachen Patienten üblicherweise schwer fällt, lange auf dem Bauch zu liegen.

Der primäre Endpunkt war die endotracheale Intubation, darüber hinaus untersuchte die Forschungsgruppe um Weatherald Mortalität, beatmungsfreie Zeit, Aufenthaltsdauer auf Intensivstation und im Krankenhaus, Veränderungen der Oxygenierung und der Atemfrequenz und Komplikationen.

Sie brauchten seltener einen Atemschlauch

Qualitativ hochwertige Evidenz aus 14 Studien zeigte in einer gepoolten Analyse, dass die Bauchlage im Wachzustand das Risiko für eine endotracheale Intubation im Vergleich zur Standardtherapie reduzierte (24,2 % vs. 29,8 %). Im Schnitt führte die Bauchlagerung pro 1.000 Patienten zu 55 weniger Intubationen.

Allerdings zeigte eine gepoolte Analyse von 13 Studien, in denen auch die Mortalität untersucht wurde, dass sich diese nicht zwischen den beiden Gruppen unterschied (15,6 % vs. 17,2 %). Möglicherweise fehlte es der Analyse an der nötigen statistischen Power, um einen Unterschied feststellen zu können, schreiben die Forschenden. Aber auch auf die anderen untersuchten Endpunkte hatte die Bauchlage keinen Einfluss.

Ihr Fazit: „Bauchlagerung im Wachzustand kann bei Erwachsenen mit COVID-19-bedingtem hypoxämischem Atemversagen das Intubationsrisiko reduzieren, hat aber wahrscheinlich keinen großen Effekt auf die Mortalität und andere Outcomes.“

Mehr Effekt bei schwererer Erkrankung und längerer Bauchlagerung?

In einem begleitenden Editorial schreiben Amol A. Verma vom St. Michael’s Hospital in Toronto, Kanada, und seine Koautoren, dass sich die Vorteile der Bauchlagerung bei Patienten mit COVID-19 möglicherweise auf diejenigen beschränken, die eine schwerere Hypoxämie haben und länger in Bauchlage verbleiben.

Es blieben einige Fragen unbeantwortet, ergänzen sie. Was ist die ideale Liegedauer auf dem Bauch? Bei welchem Ausmaß der Hypoxämie sollte man mit der Bauchlagerung beginnen) Und wie kann man am besten die Adhärenz wacher Patienten verbessern?

Auch Patienten ohne COVID-19 könnten profitieren

„Diese Fragen werden bei COVID-19-Patienten wahrscheinlich nie beantwortet werden, glücklicherweise, denn ein hypoxämisches Atemversagen oder eine lebensbedrohliche Erkrankung sind heute seltener“, ergänzen sie.

Aber die Pandemie sollte das Interesse an der Bauchlagerung und ihrem potenziellen Nutzen wieder erwecken, da es sich dabei um eine Intervention handelt, von der eine Vielzahl von Patienten mit Hypoxämie profitieren könnten, folgern sie.

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