Mikrobiom der Kornea schützt vor Pilz-Infektionen am Auge
Bethesda/Maryland – Nicht nur Darm, Mundhöhle, Nasopharynx und Vagina sind von Bakterien besiedelt, die eine wichtige Funktion für die Gesundheit haben. Eine Studie in Immunity (2017; doi: 10.1016/j.immuni.2017.06.014) weist jetzt auch am Auge ein Mikrobiom nach, dessen Störung die Entwicklung von Candida-Infektionen begünstigen könnte.
Konjunktiva und Kornea werden beständig mit einer Tränenflüssigkeit gespült, die Lysozyme und andere antibakterielle Substanzen enthält. Die Bindehaut gilt deshalb als eine für Bakterien extrem lebensfeindliche Umgebung. Ophthalmologen gingen davon aus, dass die Oberfläche der Augen quasi steril ist und nach Möglichkeit auch frei von Bakterien gehalten werden muss – im Krankheitsfall durch den großzügigen Einsatz von antibakteriellen Augentropfen.
Zwar lassen sich auch bei gesunden Menschen in Abstrichen gelegentlich Bakterien oder ihre Gene nachweisen. Diese befinden sich aber nach bisheriger Lesart beständig im Prozess der Vernichtung durch die antibakterielle Tränenflüssigkeit. Ein Mikrobiom, das auf anderen Schleimhäuten eine wichtige Funktion bei der Aufrechterhaltung der Gesundheit hat, gebe es am Auge nicht.
So die bisherige Annahme, die jetzt durch Experimente der Immunologin Rachel Caspi vom US-National Eye Institute in Bethesda infrage gestellt wird. Die Forscherin fand bereits in früheren Untersuchungen heraus, dass Corynebacterium mastitidis die Konjunktiva dauerhaft besiedeln kann.
Ihre aktuellen Studien zeigen, dass C. mastitidis in der Lage ist, Immunzellen in der Schleimhaut zur Produktion von Interleukin (IL) 17 anzuregen. IL-17 ist ein wichtiger Botenstoff der Entzündungsreaktion. Es ist in der Lage, neutrophile Granulozyten anzulocken, die dann Krankheitserreger abwehren. Die mehrtätige Behandlung der Konjunktiva mit Gentamicin, einem in vielen Augentropfen enthaltenen Antibiotikum, stoppte bei Mäusen die Bildung von IL 17, und die Zahl der in der Konjunktiva enthaltenen neutrophilen Granulozyten sank. Die Tränenflüssigkeit der Versuchstiere war dann nicht mehr in der Lage, Candica albicans abzuwehren. Die Tiere entwickelten eine Hefepilzinfektion der Kornea.
Caspi brachte schließlich C. mastitidis auf die Kornea von Labormäusen auf, die zuvor frei von diesem Bakterien waren. Danach kam es es zu einem Anstieg von IL-17 und zur Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten. Caspi ist überzeugt, dass sie damit die Koch-Postulate erfüllt hat, nach denen ein Mikroorganismus erst dann als Krankheitserreger bezeichnet werden kann, wenn er beständig am Krankheitsort gefunden wird, von dort isoliert werden kann und nach Übertragung die Krankheit bei anderen Tieren auslöst. Diese Bedingungen sind für C. mastitidis am Auge erfüllt mit dem Unterschied, dass C. mastitidis keine Krankheit auslöst, sondern für die Gesundheit oder Abwehrbereitschaft zuständig ist.
Die Ergebnisse der Studie werfen Fragen zum Einsatz von antibiotikahaltigen Augentropfen auf. Ein oberflächlicher Blick auf die Literatur zeigt, dass der Einsatz von topischen Antibiotika als möglicher Risikofaktor für Pilzinfektionen der Augen offenbar noch nicht intensiv untersucht wurde.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: