Ministerärger um Ideen für Haushalt, auch Gesundheitswesen betroffen

Berlin – Bei der Aufstellung des Haushalts für das kommende Jahr sind Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aneinandergeraten. In einem Brief Habecks an Lindner heißt es: „Wir bitten Sie, keine weiteren öffentlichen oder internen Vorfestlegungen zu treffen, die einseitig weitere Ausgaben priorisieren.“
Als Beispiele genannt werden die Aktienrente, die Umsatzsteuerermäßigung für die Gastronomie und die Bundeswehr. Der Brief lag – ebenso wie der Antwortbrief Lindners – mehreren Medien vor, auch dem Deutschen Ärzteblatt. Habeck schreibt, die Regeln zur Einhaltung der Schuldenbremse seien vereinbart und würden von den Grünen nicht in Frage gestellt.
„Vereinbart wurden aber ebenfalls andere politische Projekte, die keinesfalls nachrangig zur Einhaltung der Schuldenbremse stehen. Insofern sind wir alle gefordert, neue und alternative Wege zu finden, wie diese Ziele unter Einhaltung der von Ihnen vorgegebenen Maßgabe eines Haushalts 2024, der die Schuldenbremse einhält, erreicht werden können. Da dafür noch keine Vorschläge auf dem Tisch liegen, können wir die Eckwerte so auch nicht akzeptieren.“
Habeck schlägt vor, „darüber zu beraten, wie wir Einnahmen verbessern, den Abbau umweltschädlicher Subventionen vorantreiben sowie Programme identifizieren können, die durch Ordnungsrecht ersetzt werden können“. Habeck schreibt „stellvertretend“ für die von den Grünen geführten Ministerien.
In der Antwort Lindners an Habecks heißt es, die Nachricht, dass die grünen Ministerien die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2024 nicht mehr akzeptierten, habe ihn „überrascht“. Diese Eckwerte waren im März des vergangenen Jahres vereinbart worden, derzeit laufen die Verhandlungen über die Fortschreibung und den Haushalt 2024.
Zu Habecks Vorschlag über „Einnahmeverbesserungen“ schreibt Lindner: „Diese Anregung möchte ich nicht aufgreifen. Stellvertretend für die von den Freien Demokraten geführten Ministerien darf ich feststellen, dass Steuererhöhungen oder sonstige strukturelle Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger oder die Wirtschaft vom Koalitionsvertrag ausgeschlossen sind.“
Die Diskussion zwischen den beiden Ministern betrifft auch viele Reformvorhaben aus dem Gesundheitswesen: „Auch in der Gesundheitspolitik stehen wichtige Entscheidungen an, für die hinreichend Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung stehen müssen", sagt Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.
Ein Beispiel sei die Pflegeversicherung, die bis Mitte 2023 zusätzliche Finanzmittel benötigen werde, so Dahmen. „Dazu kommt die im Koalitionsvertrag vereinbarte auskömmliche Bereitstellung von Mitteln für die Krankenversicherung von Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld, sowie die grundsätzliche Dynamisierung des Bundeszuschusses“, so Dahmen weiter.
In der Ampelkoalition gibt es seit langem Streit um die Einhaltung der im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die dem Bund nur in geringem Maße erlaubt, neue Kredite aufzunehmen. Bei der Aktienrente wurde im Koalitionsvereinbarung vereinbart, in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von zehn Milliarden Euro zuzuführen. Einem dauerhaften Aufwuchs stehen die Grünen skeptisch gegenüber.
Für die Bundeswehr fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über den im vergangenen Jahr aufgelegten 100-Milliarden-Euro-Sondertopf hinaus nach Medienberichten für den Haushalt 2024 und die Etats der Folgejahre zehn Milliarden Euro zusätzlich für das Verteidigungsbudget.
Lindner hatte sich vor kurzem offen gezeigt für eine dauerhafte Senkung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie. Dieser war während der Coronapandemie von 19 auf sieben Prozent reduziert worden und dies im Oktober 2022 bis Ende 2023 verlängert worden. Ein Sprecher Lindners hatte vor kurzem der Lebensmittel Zeitung gesagt, der Finanzminister sei offen für eine Diskussion über eine unbefristete Anwendung der Regelung.
Verlässliche Aussagen fordern die Grünen auch für das Gesundheitswesen: „In Krisenzeiten kommt es darauf an, dass sich die Menschen auf eine gute, funktionierende Gesundheitsversorgung verlassen können. Alle in Regierungsverantwortung stehen im Wort das sicherzustellen", erklärte Dahmen.
Bei der Frage, wie und ob man umweltschädliche Subventionen abbauen soll, gibt es ebenfalls seit langem Streit in der Ampel. Die Grünen wollen etwa eine Reform des sogenannten Dienstwagenprivilegs, das lehnt die FDP ab.
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