Ärzteschaft

Mögliche Regresswelle wegen Pneumokokkenimpfstoff Apexxnar in Westfalen-Lippe

  • Dienstag, 18. Februar 2025
Streptococcus pneumoniae (16.000-fache Vergrößerung) /dpa
Streptococcus pneumoniae (16.000-fache Vergrößerung) /dpa

Berlin – Die AOK Nordwest prüft in Westfalen-Lippe Regresse gegen rund 300 hausärztliche Praxen, weil sie den Pneumokokkenimpfstoff Apexxnar bereits vor Inkrafttreten der Impfvereinbarung verimpft haben. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband protestiert.

Die ständige Impfkommission (STIKO) hatte im September 2023 eine Empfehlung für den neuen Pneumokokkenimpfstoff Apexxnar ausgesprochen, der der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gefolgt war. Daraufhin hatten Praxen in Westfalen-Lippe begonnen, Apexxnar direkt für ihre gesetzlich versicherten Patienten über ein Kassenrezept zu bestellen und zu verimpfen.

Allerdings trat die mit den Krankenkassen geschlossene Impfvereinbarung erst Mitte Januar 2024 in Kraft. Die AOK Nordwest, die die Kosten für den Sprechstundenbedarf – über den die Impfstoffe in der Regel bezogen werden – für alle Krankenkassen in Westfalen-Lippe abrechnet, hat deshalb über ihre Prüfgeschäftsstelle nach eigenen Angaben rund 300 Praxen bezüglich eines Regresses angeschrieben.

„Da die Verfahren derzeit noch laufen, können wir zu den konkreten finanziellen Summen keine Angaben machen“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage des Deutsches Ärzteblatts.

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe spricht dagegen von einer „groß angelegten Regresskampagne“ und wirft der AOK Nordwest in einem offenen Brief vor, sie sei „trotz persönlicher Gespräche nicht gewillt, über eine einvernehmliche Lösung mit den Hausärztinnen und Hausärzten zu beraten“.

Der Verband räumt dabei zwar ein, dass die Rechtsposition der Kassen eindeutig sei „und jedes Sozialgericht würde im Streitfall zu ihren Gunsten entscheiden“. Allerdings sei der AOK Nordwest kein echter Schaden entstanden.

„Die Patientinnen und Patienten wären dreieinhalb Monate später sowieso mit dem neuen und teureren Impfstoff geimpft worden, hatten so aber schon früher den benötigten Schutz, der wahrscheinlich einige kostenträchtige Krankenhauseinweisungen verhindert hat.“

Das Verhalten der Ärztinnen und Ärzte habe in der Eindeutigkeit der Empfehlung für den besseren Impfstoff begründet gelegen. Denn laut STIKO-Empfehlung sei bei der Nutzung des 20-valenten Pneumokokken-Impfstoffes von Apexxnar durch die breitere Serotypenabdeckung ein deutlicher Zusatznutzen zu erwarten gewesen.

Zudem habe zu dem Zeitpunkt die Infektsaison im Herbst und Winter unmittelbar bevorgestanden. „Es war also aus medizinischer Sicht zum Schutz der betroffenen Patientinnen und Patienten sinnvoll und richtig, nicht erst bis Mitte Januar 2024 zu warten“, unterstrich der Vorstandsvorsitzende des Verbands, Lars Rettstadt.

In Baden-Württemberg habe man die jetzige Situation vermeiden können, da sich die dortigen Krankenkassen dazu entschieden hätten, die Umsetzung der STIKO-Empfehlung in die Schutzimpfungsrichtlinie ausnahmsweise nicht abzuwarten.

Es sei aus Sicht des Verbandes „in höchstem Maße unfair“ von der AOK Nordwest, „diese Tatsachen bewusst zu ignorieren, ihre Versicherten im Gesundheitsschutz schlechter zu stellen und gleichzeitig den Hausärztinnen und Hausärzten jetzt durch die Regresse die gesamten Kosten für diese Impfungen aufzubürden“.

Das weist die Kasse wiederum von sich. Bei der Regelung in Baden-Württemberg habe es sich nach ihrer Kenntnis um eine Einzelfallentscheidung gehandelt, die frühzeitig zwischen den Vertragspartnern abgestimmt worden sei.

„Ein solch frühzeitiger Dialog zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung oder dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband und den Krankenkassenverbände hätte möglicherweise dazu beigetragen, eine Lösung zu finden“, erklärte ein Sprecher.

Man wolle sich deshalb nun zunächst mit den Kassen in Westfalen-Lippe abstimmen und im Anschluss daran das Gespräch mit dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband suchen: „Unser Ziel bleibt es, eine sachgerechte Lösung im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben und einer guten Patientenversorgung zu finden.“

lau

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