Morbus Crohn: Stammzell-Präparat fördert Abheilung perianaler Fistel
London – Die Injektion von allogenen Stammzellen kann die Abheilung von komplexen perianalen Fisteln fördern, unter denen viele Patienten mit Morbus Crohn leiden. Die europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat ein Präparat zur Zulassung empfohlen, das aus den Fettzellen gesunder Spender gewonnen wird. Grundlage sind die Ergebnisse einer im letzten Jahr veröffentlichten Phase 3-Studie.
Perianale Fisteln sind eine häufige Komplikation des Morbus Crohn. Neben den Schmerzen, zu denen es infolge von Abszessen kommt, leiden viele Patienten unter einer Stuhlinkontinenz, da Sekrete und Darminhalt durch die irregulären Verbindungen nach außen treten. Da es derzeit keine Heilung für den Morbus Crohn gibt, besteht die Behandlung in der Gabe antientzündlicher Medikamente zur Vermeidung neuer Krankheitsschübe, um eine weitere Ausbreitung der Fistelgänge zu vermeiden. Bei vielen Patienten werden chirurgische Eingriffe erforderlich, die bei komplexen Fisteln mit diversen Abzweigungen nicht immer zum Ziel führen.
Eine Alternative könnte die Injektion von allogenen Stammzellen in den Fistelkanal sein. Die Stammzellen sollen die Proliferation von Lymphozyten hemmen und die Bildung proinflammatorischer Zytokine verringern. Diese immunregulatorische Aktivität der Stammzellen reduziert dann die Entzündung und fördert damit indirekt die Abheilung.
Der neue Behandlungsansatz wurde in einer Phase 3-Studie (ADMIRE-CD) in 52 Zentren (mit deutscher Beteiligung) an 212 Patienten mit mäßig aktiver Erkrankung (CDAI 220 oder weniger) getestet. Die Patienten hatten komplexe perianale Fisteln mit zwei oder weniger internen Öffnungen und drei oder weniger äußeren Öffnungen gebildet, die über mindestens sechs Wochen unzureichend auf eine konventionelle Therapie einschließlich Antibiotika, Immunsuppressiva und TNF-alpha-Inhibitoren reagiert hatten.
Die Patienten wurden einer einzelnen Anwendung von „Cx601“ oder Placebo plus Behandlungsstandard zugeteilt. „Cx601“ werden aus Stammzellen hergestellt, die aus dem subkutanen Fettgewebe von gesunden Spendern isoliert werden. Nach einer kulturellen Vermehrung in einem Labor des Herstellers werden die Fettgewebe-Stammzellen gefriergetrocknet und an die anwendenden Ärzte verschickt, die sie vor der Anwendung auftauen und in einen Fistelkanal injizieren.
Der primäre Endpunkt war eine kombinierte Remission in Woche 24 nach der Behandlung. Sie war definiert als der klinische Verschluss aller behandelten externen Öffnungen und eine Restlänge der Fistel von weniger als 2 cm in der Magnetresonanztomographie. Dieses Ziel wurde nach der Behandlung mit „Cx601“ bei 53 von 107 Patienten (50 Prozent) erreicht gegenüber 36 von 105 Patienten (34 Prozent) in der Placebo-Gruppe. Der Unterschied von 15,2 Prozentpunkten war mit einem 97,5-Prozent-Konfidenzintervall von 0,2 bis 30,3 signifikant, wie Julián Panésdas vom Forschungsinstitut IDIBAPS in Barcelona und Mitarbeiter im letzten Jahr im Lancet (2016; 388: 1281-1290) mitgeteilt hatten.
Wie das Team auf dem diesjährigen Kongress der European Crohn's and Colitis Organisation in Barcelona mitteilte, war auch nach 52 Wochen noch ein Vorteil erkennbar. 56,3 gegenüber 38,6 Prozent befanden sich zuletzt in Remission.
Auch die Rate der Nebenwirkungen (die sich schwer von einer unzureichenden Wirkung trennen lassen) waren geringer: Nach 24 Wochen hatten in der Cx601-Gruppe 18 Patienten (17 Prozent) und in der Placebo-Gruppe 30 Patienten (29 Prozent) über behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse berichtet. Am häufigsten waren Abszesse (sechs in der Cx601-Gruppe gegenüber neun in der Placebo-Gruppe) und eine Proktalgie (fünf gegenüber neun Patienten).
Die Ergebnisse der Studie haben die EMA überzeugt. Sie gab eine positive Empfehlung für das ATM-Produkt (advanced therapy medicinal) ab. Es war die zehnte positive Empfehlung für ein ATM-Produkt und die erste Empfehlung für eine allogene Stammzelltherapie. Nach der zu erwartenden Zulassung durch die Europäische Kommission dürfte das Produkt demnächst in Europa zugelassen werden. Der Hersteller TiGenix, der 2000 als Spin-off der Katholischen Universität Löwen in Belgien gegründet wurde und inzwischen zum japanischen Takeda-Konzern gehört, will das Produkt auch in Nordamerika einführen. Die US-Arzneimittelbehörde hat jedoch eine parallele Phase 3-Studie gefordert.
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