Vom Arztdasein in Amerika

Nach der Geburt: Viele unangemeldete „Besucher“

  • Samstag, 11. März 2017

Es ist ein großes und – die weniger christlich-gläubige Menschen mögen mir bitte dieses Wort nachsehen – gottgegebenes Glück mehrfacher Vater zu sein und umso mehr freute ich mich, als ich erneut Vater einer wunderbaren und gesunden Tochter werden durfte. Dieser Anlass gab mir die Gelegenheit, das Gesundheitssystem erneut weniger aus der Perspektive des Arztes denn der des Patienten beziehungsweise Angehörigen zu sehen.

Die Geburt verlief komplikationsarm und sowohl Mutter als auch Kind sind gesund und mittlerweile wieder daheim. Aber noch immer erinnere ich mich an die sehr vielen Besuchen, die im Rahmen des stationären Aufenthaltes stattfanden. Am ersten Vormittag nach der Geburt war es besonders intensiv und zwischen 7 und 13 Uhr kamen mehr als 25 „Besucher“ in unser Zimmer hinein, wobei Besucher als unangemeldete Angestellte des Krankenhauses zu sehen sind.

Manche von ihnen kamen mehrmals, andere sahen wir nur ein einziges Mal. Beispielhaft zähle ich die Besucher des ersten Vormittages auf: Nacht- und dann Tageskrankenschwester, Blutentnahmefachkraft, Pflegeassistenz für das Kind, Putzkraft, Laktationsexpertin, Frauen-, Kinder- und dann Narkosearzt, zwei Diätassistentinnen, Eine Angestellte, die das Frühstück ans Bett brachte, und eine andere für das Mittagessen, eine Ehrenamtliche, die uns Dienstleistungen für das Kind erklärte, eine Evaluierungsangestellte, ein nicht von uns bestellter Krankenhausphotograph, Geburtsurkundenspezialist, Krankenhausverwaltungsangstellter zur Bestätigung der korrekten Ausstellung der Geburtsurkunde und dann eine Verwaltungsangestellte zur Besprechung der Krankenhausrechnung.

Wir zählten mit, aber verloren irgendwann den Überblick, wer wie häufig in das Zimmer gekommen war und einigten uns darauf, dass alleine zwischen 7 Uhr morgens und dem Mittagessen mindestens 25 Besuche stattgefunden hatten, also eine Frequenz von mehr als vier pro Stunde.

Wie man in dieser Zeit sich ausruhen und konzentrieren, wie man Zeit finden soll sich um seine körperliche Belange zu kümmern und dann noch über das neue Erdenkind zu freuen, das erschließt sich mir nicht. Der Wunsch nach zügiger und früher Entlassung reift aber sehr schnell in einem Patienten, wenn es so viele Unterbrechungen gibt und auch wenn das neugeborene Kind daheim schreit, so ist es viel ruhiger im häuslichen Umfeld als im hochfrequentierten Patientenzimmer.

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