Nachbesserungen für praktische Umsetzung von sektorenübergreifenden Versorgern benötigt

Berlin – Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen, wie es die Krankenhausreform vorsieht, können die Probleme im Gesundheitswesen lindern. Davon zeigte sich Layla Distler, Leiterin des Referats Krankenhausplanung im baden-württembergischen Gesundheitsministerium, gestern beim Hauptstadtkongress überzeugt.
Allerdings ist die Umsetzung für die Bundesländer mit den vorgegebenen Regeln aus dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – das Ende 2024 in Kraft getreten ist – Distler zufolge noch nicht möglich.
Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen könnten als hilfreiches Versorgungsmodell wirken, um die Mauern zwischen dem ambulanten und stationären Sektor einzureißen, so Distler.
Je nach Bedarf könnten sie bestehende Versorgungslücken abdecken, etwa mit der Bündelung ambulanter Versorgungsangebote, einer wohnortnahen medizinischen und pflegerischen Behandlung, Übergangspflege oder auch mit Abverlegungsmöglichkeiten für größere Häuser sowie ambulantem Operieren.
Auch der Pneumologe und Intensivmediziner Christian Karagiannidis, ehemaliges Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus, die das Konzept der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen unter dem Namen Level 1i-Krankenhaus ins Spiel gebracht hatte, sprach sich für die schnelle Einrichtung dieser Häuser aus.
Wichtig sei zudem die digitale Vernetzung der Einrichtungen mit den Haus- und Facharztpraxen sowie größeren Krankenhäusern. Nur so könne die sektorenübergreifende Versorgung in der Praxis funktionieren, sagte er. Sie könnten die Herausforderungen des demografischen Wandels ein stückweit lösen, sagte der Mediziner.
Insbesondere für das Pflegepersonal seien künftig bessere Arbeitsbedingungen erforderlich. Ein Faktor sei auch mehr Zeit für Patienten. Das könne „auch die Innere Medizin wieder menschlicher machen, mit weniger Technik und mehr Zuwendung“, erklärte er. Die Einrichtungen könnten sich auf diese Bereich sowie die Geriatrie fokussieren.
Damit dieses Konzept aber flächendeckend umgesetzt werden könne, brauche es dringend Nachbesserungen der Krankenhausreform, forderte Distler. So müssten unterschiedliche Pflegeleistungen nach SGB V (gesetzliche Krankenversicherung) und SGB XI (Pflegeversicherung) gemeinsam in einer Einrichtung erbracht werden dürfen. Entsprechende Abrechnungsmöglichkeiten müssten dafür ermöglicht werden.
Zudem brauche es eine bessere Förderfähigkeit der Häuser durch die Bundesländer. Etwa wenn ein sektorenübergreifender Versorger zu jeweils einem Drittel pflegerisch, ambulant und stationär arbeitet, könnte das Land bislang nur für den stationären Anteil eine Förderung ermöglichen.
Als Land könne man damit keine Anreize setzen, um die Einrichtungen „zum Fliegen zu bringen“, erklärte Distler. Entsprechend brauche es Ausnahmeregeln vom Wettbewerbsrecht, um auch im ambulanten und pflegerischen Bereich Strukturen zu fördern.
Weiter sei der geplante eingeschränkte Leistungskatalog wirtschaftlich schwierig. Deshalb brauche es niedrigschwelligere Anforderungen im Vergleich zu anderen Krankenhäusern, insbesondere bezüglich der ärztlichen Präsenz. So müssten nicht unbedingt nachts Ärztinnen und Ärzte in den Einrichtungen präsent sein, erklärte Distler. Auch hier brauche es Nachbesserungen am KHVVG.
Zudem wollen die Länder Mitspracherecht bei der Festlegung des Leistungskatalogs, was die sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen konkret anbieten dürfen, forderte Distler. Und: Es brauche auch Möglichkeiten für Neugründungen, etwa wenn Krankenhäuser in der Fläche geschlossen wurden und Träger eine Alternative für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung vor Ort ermöglichen wollen.
Die Tagessätze zur Vergütung der neuen Einrichtungen sollen von den Landeskrankenhausgesellschaften, den Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuss des Verbandes der privaten Krankenversicherung verhandelt werden.
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