Medizin

Nephrektomie und Rektumresektion: Operationsroboter langsamer und teurer

  • Freitag, 3. November 2017
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Leeds und Palo Alto – Eine roboterassistierte Operation führt nicht automatisch zu besseren Operationsergebnissen. In einer randomisierten Vergleichsstudie im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2017; 318: 1569–1580) musste der Chirurg (fast) ebenso häufig zum offenen Eingriff wechseln wie bei einer konventionellen laparoskopischen Operation. Und bei der laparoskopischen Nephrektomie ist der Einsatz eines Operationsroboters laut einer Kohortenstudie (JAMA 2017; 318: 1561–156) mit längeren Operationszeiten und höheren Kosten verbunden, ohne die Rate der Komplikationen zu senken.

Roboterassistierte Operationen bieten mehrere Vorteile: Der Chirurg erhält in allen Phasen des Eingriffs eine gut ausgeleuchtete und vergrößerte dreidimensionale Sicht auf das Operationsfeld, der Aktionsradius der Instrumente wird erweitert, und nicht zuletzt verbessert sich die Ergometrie: Der Arzt kann den Eingriff ohne Verrenkungen bequem vom Bildschirmplatz aus durchführen.

In der Urologie gehören Operationsroboter bereits zum Standard. Bei der Prostatekto­mie haben sie einen minimal-invasiven Eingriff mit kleineren Narben und einer verminderten Komplikationsrate möglich gemacht. Inzwischen werden Operations­roboter auch in anderen Bereichen eingesetzt. Besonders vorteilhaft könnten sie bei technisch schwierigen Eingriffen sein, zu denen die Rektumresektion in der Krebs­chirurgie gehört.

Die ROLARR-Studie („RObotic versus LAparoscopic Resection for Rectal cancer“) hat den Einsatz des Roboters bei der laparoskopischen Rektumresektion untersucht. An 29 Kliniken in 10 Ländern (deutsche Beteiligung: Augusta-Kranken-Anstalt Bochum) wurden 471 Patienten mit einem als kurativ eingestuften Adenokarzinom des Rektums auf eine roboterassistierte oder eine konventionelle laparoskopische Rektumresektion randomisiert. Primärer Endpunkt war die Konversionsrate zur offenen Operation.

Bei der Planung der Studie war das Team um David Jayne vom James’s University Hospital in Leeds davon ausgegangen, dass die Ärzte mindestens bei jedem vierten Fall von der laparoskopischen zur offenen Operation wechseln müssten. Für diesen Fall hätte die Studie genügend Teilnehmer, um eine 50-prozentige Reduktion der Konversionsrate statistisch signifikant belegen zu können.

Doch beide Annahmen haben sich nicht erfüllt. Zum einen lag die Konversionsrate nur bei 10 Prozent, zum anderen wurde die Halbierung der Konversionsrate durch die roboterassistierte Operation nicht erreicht: Unter konventionellen Operationen wechselten die Chirurgen bei 12,2 Prozent der Patienten zum offenen Eingriff, bei der roboterassistierten Operation waren es 8,1 Prozent. Dies ist ein relativer Unterschied von 39 Prozent. Die Odds Ratio von 0,61 verfehlte mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,31 bis 1,21 klar das Signifikanzniveau. 

Auch der Anteil der Operationsresektate mit positiven Randschnitten – 5,1 Prozent mit Roboter und 6,3 Prozent ohne Roboter – war nicht signifikant niedriger, auch wenn die Odds Ratio (0,78; 0,35–1,76) in eine günstige Richtung wies. Bei den Komplikationen gab es kaum Unterschiede, außer dass es bei der roboterassistierten Operation häufiger zu Organbeschädigungen, aber seltener zu Blutungen kam als nach der konventionellen laparoskopischen Operation.

Für Jayne bleibt deshalb offen, ob die höheren Kosten für die roboterassistierte Operation zu rechtfertigen sind, die sich aus den Kosten für die Anschaffung (0,6 bis 2,5 Millionen US-Dollar), die Wartung (80 bis 170.000 US-Dollar) und den längeren Operationszeiten ergeben.

Ähnlich ist die Situation bei der Nephrektomie. Dieser Standardeingriff wird an US-Kliniken zunehmend mit Unterstützung eines Roboters durchgeführt. Lag der Anteil im Jahr 2003 noch bei 1,5 Prozent, so waren es 2015 bereits 27 Prozent. Die roboter­assistierte Operation hat damit die klassische laparoskopische Chirurgie (Anteil 23 Prozent) überholt, wie ein Team um Benjamin Chung von der Stanford Universität in Palo Alto durch die Analyse von Krankenakten eines US-Versicherers ermittelt hat. 

Die Rate der Komplikationen war nach roboterassistierter Operation keinesfalls niedriger. Die Inzidenz von postoperativen Komplikationen nach Clavien-Dindo Grad 1–5 war mit 22,2 Prozent etwa gleich hoch wie nach einer laparoskopischen Nephrek­tomie mit 23,4 Prozent. Dies traf auch auf schwere Komplikationen (Clavien-Dindo Grad 3–5) zu, die nach roboterassistierter Operation bei 3,5 Prozent und nach laparoskopischen Nephrektomie bei 3,8 Prozent dokumentiert wurden. In beiden Fällen waren die Unterschiede statistisch nicht signifikant, sie wären auch kaum klinisch relevant gewesen.

Wie zu erwarten dauerten die roboterassistierten Operationen länger: Bei 46,3 der Patienten benötigten die Chirurgen mehr als 4 Stunden gegenüber 28,5 Prozent nach einer konventionellen laparoskopischen Operation. 

Auch die Kosten waren höher: Die direkten Kosten für den Krankenhausaufenthalt betrugen 19.530 gegenüber 16.851 US-Dollar, sie waren im Wesentlichen auf die längeren Belegzeiten der Operationssääle und die Materialkosten (4.876 gegenüber 3.891 US-Dollar) zurückzuführen. 

Chung fragt kritisch an, ob die Zusatzkosten bei fehlendem Zusatznutzen zu recht­fertigen sind. Er räumt aber ein, dass die Operationszeiten sich mit zunehmender Einarbeitung der Chirurgen verkürzen könnten. Außerdem sollten die Kosten für das Equipment sinken, wenn sich die Operationsroboter in den Kliniken durchsetzen, womit nach den Erfahrungen bei der Prostatektomie wohl zu rechnen ist.

rme

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