Neue Leitlinie zur neurogenen Dysfunktion des unteren Harntrakts beim Erwachsenen

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat zusammen mit österreichischen und schweizerischen Fachgesellschaften eine aktualisierte Version ihrer S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der neurogenen Dysfunktion des unteren Harntrakts herausgegeben. Sie soll die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit neurologisch bedingten Blasenstörungen strukturieren und zur Standardisierung klinischer Entscheidungen beitragen.
Neurogene Blasenfunktionsstörungen treten unter anderem bei Querschnittlähmungen, Multipler Sklerose oder Parkinson-Syndromen auf. Sie entstehen durch Störungen in der Steuerung der Blasenfüllungs- und Entleerungsphasen, die von suprapontinen bis sakralen Läsionen reichen. Je nach Läsionshöhe resultieren hyperaktive oder hypoaktive Detrusor- und Sphinkterstörungen, welche die Lebensqualität erheblich einschränken können.
Die Leitliniengruppe um Albert Kaufmann und Andreas Hildesheim nennt für jede Form spezifische therapeutische Strategien, einschließlich neuer pharmakologischer Optionen wie Vibegron, einem selektiven Beta-3-Adrenozeptor-Agonisten.
Die Leitlinie hebt hervor, dass der Schutz des oberen Harntrakts und die Vermeidung rezidivierender Infekte zentrale Therapieziele sind. Besonders betont wird die sonografische Restharnmessung als einfaches Screeningverfahren.
Für Cholinergika und intravesikale Elektrostimulation bei Detrusorhypokontraktilität besteht laut der Leitlinie keine ausreichende Evidenz.
Die Leitliniengruppe geht in einem eigenen Kapitel auf das Thema „Nykturie“ ein. Dies könne in Abhängigkeit von der Ursache mit Desmopressin oder einem Antimuskarinikum behandelt werden.
„Zunächst sollten jedoch Gründe für eine Nykturie auf nichturologischem Gebiet ausgeschlossen werden“, empfiehlt die Leitlinie. Hierzu gehörten zum Beispiel eine Herzinsuffizienz, ein unzureichend oder nicht behandelter Diabetes oder eine chronisch venöse Insuffizienz.
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