Neue Medikamente versus alte Liebe
Ein Patient kommt zu mir in die Sprechstunde und verlangt nach einem neuen Medikament, das in der Apothekenzeitschrift beworben wurde. "Das müsse doch besser sein als sein Altes, oder?" Nun, ganz sicher sein könne man da nicht. Mit den neuen Medikamenten ist es wie mit einer neuen Geliebten.
Bei ihr ergeht man sich in der Hoffnung, dass sie die Pforten zum Glück weit aufreißt, das Leben mit strahlender Zufriedenheit füllt, jeden Tag in wonnigem Glanz erstrahlen lässt. Sozusagen nur wundervolle Wirkungen entfaltet. Da ist es doch ein Leichtes, die treue, zuverlässige Partnerin von der Bettkante zu schubsen, deren Gewohnheiten man kennt, auch deren Macken, mit denen man sich schon bestens arrangiert hat. Die Nebenwirkungen also gar nicht mehr merkt.
Im Schwange der Gefühle übersieht man aber, dass die neue Geliebte durchaus fähig sein könnte, sich mit der Kreditkarte schadlos zu halten, mit der PIN-Nummer das Girokonto leer zu fegen, das Wohnzimmer in Brand zu setzen.
Wir Ärzte kennen das als Rote-Hand-Brief. Das sind die Nebenwirkungen der neuen Liebschaft, die naturgemäß deswegen nicht bekannt sind, weil sie nun mal neu sind. Will er denn wirklich, dass ich sein treues Medikament aus dem Therapieplan schubse? "Nein! Nein! Herr Doktor, wir lassen alles beim Alten!"
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