Ärzteschaft

Neue S1-Leitlinie zur Ambulanten Parenteralen Antiinfektivatherapie

  • Freitag, 26. Juli 2024
/Annabell Gsödl, stock.adobe.com
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Berlin – Erstmals haben Fachverbände eine S1-Leitlinie zur Ambulanten Parenteralen Antiinfektivatherapie (APAT) vorgelegt. Dieser Ansatz sei zwar in vielen anderen Ländern bereits seit langem ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems, in Deutschland sei er aber strukturell nicht etabliert und würden nur selten durch­geführt, heißt es in der Leitlinie.

Die darin enthaltenen Empfehlungen seien deshalb auf Grundlage international publizierter Daten und den Erfahrungen der Autorinnen und Autoren entstanden.

Unter der APAT verstehen Fachleute die intravenöse, seltener auch die intramuskuläre Verabreichung von antiinfektiven Substanzen außerhalb eines Krankenhauses. Die Medikamentengabe kann dabei im häuslichen Umfeld, in Ambulanzen, Praxen oder in stationären Pflegeeinrichtungen erfolgen. Als Antiinfektiva können Medikamente gegen Bakterien (Antibiotika), Viren (Virostatika) oder Pilze (Antimykotika) gegeben werden.

„Die Indikationsstellung für eine APAT und die Festlegung des Behandlungsplans sollen initial von der Infek­tiologie übernommen werden“, heißt es in der Leitlinie. Gemeint sind Fachärztinnen und Fachärzte für Infek­tiologie und Innere Medizin sowie Klinische Fachärzte mit Schwerpunkt Infektiologie beziehungsweise der Zusatzbezeichnung Infektiologie. Die ambulante Therapiesteuerung soll demnach durch das APAT-Team unter infektiologischer Leitung und in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt erfolgen.

Zur Auswahl der Infektionspatientinnen und - patienten für eine APAT soll eine Checkliste – die der Leitlinie beiliegt – mit Auswahlkriterien angewendet werden, schreibt das Autorenteam der Leitlinie. Auch Patienten mit besonderen Lebensumständen, ältere Menschen, Menschen, die Drogen injizieren und wohnungslose Menschen könnten unter bestimmten Voraussetzungen eine parenterale Antiinfektivatherapie außerhalb einer Klinik erhalten.

Die Auswahl des Gefäßkatheters hängt demnach maßgeblich von spezifischen Eigenschaften der Patienten, der ausgewählten Medikation, der vorhandenen Infrastruktur zur Anlage und Pflege und besonders von der geplanten Dauer der APAT ab.

„Wichtig sind regelmäßige Kontrollen der Kathetereinstichstelle und Verbandswechsel.“ Die Patienten sollen laut Leitlinie in der Regel einmal pro Woche vom behandelnden Arzt oder einer Ärztin zur Kontrolle gesehen werden. Diese sollte die Überwachung des Therapieansprechens, die Verträglichkeit der Arzneimittel und eine möglichst frühzeitige Detektion von Komplikationen beinhalten.

Grundsätzlich könne jede Infektionserkrankung mit Therapieindikation mittels APAT versorgt werden, solange keine orale Therapiemöglichkeit besteht, die Erkrankung eine ambulante Behandlung erlaubt, die Kriterien zur Auswahl von Patienten erfüllt werden und die Infrastruktur zur Versorgung vorhanden ist.

Allerdings sollten orale Therapieoptionen immer gegenüber parenteralen Therapieformen priorisiert werden, zumindest wenn die oralen Therapie hinsichtlich Effektivität und Verträglichkeit nicht unterlegen ist.

Weiter heißt es in der Leitlinie: „Zu den chemisch-physikalischen Kriterien, die bei der Auswahl eines Antiin­fektivums für die APAT beachtet werden sollen, zählen das Dosierungsintervall eines Antiinfektivums, zuver­lässige Stabilitätsdaten und weitere physikalische und chemische Eigenschaften des Arzneistoffs in Bezug auf das Infusionssystem, das Lösungsmittel, die Konzentration, die Verwendung von stabilitätsunterstützenden Puffern und die Temperatur, unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) und das Interaktionspotenzial in Bezug auf die gesamte Therapie.“

Die Leitlinie ist unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) entstanden. Beteiligt waren außerdem der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), die Deutsche Arbeitsgemein­schaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä), die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), die Deutsche Gesellschaft für Innere Medi­zin (DGIM), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) sowie die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie (PEG).

fri

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