Ärzteschaft

Neue S3-Leitlinie Intensivmedizin nach Polytrauma veröffentlicht

  • Freitag, 2. August 2024
/Curioso.Photography, stock.adobe.com
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Berlin – Zur stationären intensivmedizinischen Versorgung von Erwach­senen mit Polytrauma ist eine neue S3-Leitlinie erschienen. Sie entstand unter der Federführung der Deutschen Interdisziplinären Ver­einigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), weitere 24 Fachgesellschaften waren beteiligt.

„Es brauchte dringend Handlungsempfehlungen für die sich an die Akutversorgung anschließende intensiv­medizinische Behandlung von Polytraumapatienten“, betonte der Past-Präsident der DIVI, Gernot Marx, Direk­tor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen.

Marx koordinierte die Leitlinie zusammen mit Frank Hildebrand, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Aachen.

Er betonte, die Versorgung von Schwerst­verletzten nach Unfällen, aber auch Kriegsopfern aus der Ukraine stelle die medizinischen Teams vor immer neue Herausforderungen. „Aber jetzt können wir erstmals validierte Behandlungsempfehlungen aussprechen, die nicht vor der Tür der Intensivstation enden “, sagte der Unfall­chirurg.

Bei der Literaturrecherche sei allerdings aufgefallen, dass es nur erschreckend wenige hochwertige Studien­ergebnisse gebe, so Hildebrandt weiter. „So gab es zwar viele Veröffentlichungen, aber keine spezifischen kontrolliert-randomisierten Studien mit ausschließlichem Fokus auf Polytraumapatienten.“ Beiden Experten zufolge bestehe ein großer Forschungsbedarf auf dem Gebiet der intensivmedizinischen Versorgung nach Polytrauma.

Letztlich konnte das aus mehr als 50 Expertinnen und Experten bestehende Gremium fünf evidenz- und 48 konsensbasierte Empfehlungen zusammenstellen. Vor allem in den Tagen nach dem Ereignis brauchten schwerverletzte Patienten eine umfassende Intensivtherapie, unterstrich Hildebrand. Diese sei selbstverständ­lich sehr komplex. „Es gibt viel zu berücksichtigen und es gilt, sich stetig im Behandlungsteam abzusprechen.“

Als Beispiel nannte der Unfallchirurg die Versorgung von Verletzungen der langen Röhrenknochen: „Versorgen wir Traumatologen die Frakturen der langen Röhrenknochen zu früh, riskieren wir aufgrund einer starken Ent­zündungsreaktion eine eingeschränkte Funktion lebenswichtiger Organe beim Patienten. Warten wir aber zu lange, ist die korrekte Wiederherstellung der gebrochenen Knochen deutlich erschwert.“ Die Leitlinie zeigt jetzt hierfür einen evidenzbasierten Zeitpunkt auf.

Auch die Möglichkeiten externer Unterstützung ist Thema in der Leitlinie. Denn nicht jede Klinik sei Maximal­versorger. „Entsprechend sollte telemedizinisch Expertise unbedingt abgefragt werden“, erklärte Marx. Hierfür notwendige Intensivzentren seien derzeit deutschlandweit im Aufbau.

„Es kann inzwischen aufgrund der Ergebnisse mehrerer Studien als bewiesen gelten, dass telemedizinische Unterstützung die Prozesse auf der Intensivstation signifikant verbessert, so dass mit berechtigtem Optimis­mus davon auszugehen ist, dass sie sich auch für Traumapatienten in Zukunft als wertvolle Hilfestellung erweisen wird.“

EB/aks

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