Ausland

Neue Vorwürfe im Skandal um französische Brustimplantate

  • Mittwoch, 2. Oktober 2013

Paris – Im Skandal um minderwertige Brustimplantate der Firma PIP in Frankreich sind neue Vorwürfe gegen die französische Behörde für Arzneimittelsicherheit (ANSM) laut geworden. Nach Informationen des französischen Internetportals Mediapart weist ein interner vertraulicher Bericht der Aufsichtsbehörde auf schwere Versäumnisse hin.  

Dem Dokument zufolge hatte die ANSM, die damals noch Afssaps hieß, seit 2006 Hinweise darauf, dass die mit billigem Industriesilikon gefüllten Implantate häufig reißen. Somit hätte sie „bereits 2007 oder spätestens 2008“ reagieren müssen, zitiert Mediapart aus dem vertraulichen Bericht. Vom Markt genommen wurden die Silikonkissen in Frankreich schließlich im März 2010. 

Das von Mediapart zitierte Dokument war im April 2012 im Zuge der Ermittlungen gegen das Unternehmen PIP von der Justiz beschlagnahmt worden. Zwei Monate vorher hatte die Arzneimittelbehörde dem damaligen Gesundheitsminister Xavier Bertrand einen offiziellen Bericht überreicht, in dem laut Mediapart die für die Behörde besonders heiklen Informationen fehlten.  

Die ANSM wies diese Darstellung zurück. Der vertrauliche Bericht sei von einem Angestellten „auf eigene Initiative hin“ erstellt worden. Er sei eine „persönliche und rückblickende Analyse“ und basiere auf den gleichen toxikologischen Daten wie der offizielle Bericht.  

Der Anwalt der betroffenen Frauen, Philippe Courtois, warf der Arzneimittelbehörde vor, sie habe „zwei Jahre lang“ nichts gegen die beanstandeten Implantate unternommen. Zugleich forderte er ein formelles Ermittlungsverfahren gegen die ANSM. Seit Bekannt­werden des Skandals ließen sich in Frankreich rund 16.000 Frauen diese Implantate entfernen.  

Weltweit hatte das Unternehmen Hunderttausende Brustimplantate verkauft, die mit nicht für die Einlagen zugelassenem Industriesilikon gefüllt wurden. Die Billigkissen reißen häufiger und rufen Entzündungen hervor. Allein in Deutschland sind circa 5.000 Frauen betroffen.  

Die französische Arzneimittelbehörde war bereits durch den Skandal um das Diabetes-Medikament Mediator ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Laut Schätzungen starben in Frankreich zwischen 500 und 2.000 Menschen an den Folgen der Einnahme von Mediator, das auch als Appetithemmer verschrieben wurde und zu einer Verdickung der Herzklappen führen kann. In Frankreich wurde dieses Medikament erst Ende 2009 vom Markt genommen, obwohl es schon vorher zahlreiche Hinweise auf seine Gefährlichkeit gab.

afp

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