Neue WHO-Empfehlungen zu Schwangerschaftsdiabetes
Berlin – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat aktualisierte Empfehlungen zum Screening und zur Diagnose von Schwangerschaftsdiabetes herausgegeben. Im Zentrum steht ein Blutzuckerbelastungstest, den auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) empfehlen.
„Ein hoher Blutzucker in der Schwangerschaft kann zu Komplikationen während der Schwangerschaft und bei der Geburt führen“, erklärte Ute Schäfer-Graf, Gynäkologin und Diabetologin aus Berlin sowie Diabetes-Expertin der DGGG. Er erhöht das Risiko von Schwangerschaftshochdruck und fördert das übermäßige Wachstum des ungeborenen Kindes. Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes erkranken zudem später häufig an Diabetes Typ 2, ihre Kinder neigen zu Übergewicht und Diabetes.
„Die Empfehlungen der WHO sind global und für die gesamte Schwangerschaft gültig. Sie sind noch zuverlässiger als die derzeit in Deutschland geltenden gesetzlichen Richtlinien […]“, sagte Erhard Siegel, Präsident der DDG.
Seit 2012 legt die Mutterschaftsrichtlinie fest, dass dem Nüchtern-Blutzuckerbelastungstest ein Suchtest vorgeschaltet ist. Bei diesem Suchtest trinkt die Schwangere im nicht-nüchternen Zustand 200 ml Wasser mit 50 Gramm Traubenzucker, bevor eine Stunde später einmalig der Blutzucker im Blut bestimmt wird. „Es ist fraglich, ob dieser Suchtest zuverlässig ist und Frauen mit isoliert erhöhtem Nüchtern-Blutzucker erfasst“, so Schäfer-Graf.
WHO und DGG empfehlen einen oralen Glukosetoleranztest (oGTT). „Die Schwangere kommt dafür nüchtern in die Praxis, also ohne Nahrungsaufnahme seit 22 Uhr des Vorabends“, erläuterte Helmut Kleinwechter, Diabetologe aus Kiel und Koordinator der Leitlinie Gestationsdiabetes der DDG. Nachdem zunächst über eine venöse Blutentnahme der Nüchternblutzucker gemessen wurde, trinkt die Schwangere anschließend ein Glas Wasser mit 75 Gramm Glukose, um eine und zwei Stunden später erneut den Blutzucker per Blutentnahme bestimmen zu lassen.
Die diagnostischen Grenzwerte für den oGTT liegen im nüchternen Zustand bei 92, nach einer Stunde bei 180 und nach zwei Stunden bei 153 mg/dl beziehungsweise bei 5,1 und 10,0 und 8,5 mmol/L.
Zu den Risikofaktoren für einen Gestationsdiabetes gehören Übergewicht, eine außergewöhnliche Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, ein mütterliches Alter über 30 Jahre, Diabeteserkrankungen in der Familie und in besonderem Maße ein früherer Gestationsdiabetes.
In Deutschland entwickeln vier bis fünf Prozent aller werdenden Mütter einen Schwangerschaftsdiabetes. Bei 80 Prozent der Betroffenen führt eine Ernährungsumstellung in Verbindung mit regelmäßiger Bewegung zu normalen Blutzuckerwerten, nur eine von fünf Frauen benötigt Insulin.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: