Medizin

Neue Zielstruktur für die Bekämpfung von multiresistenten Mykobakterien

  • Freitag, 12. Juni 2015

Braunschweig – Wie der Naturstoff Griselimycin resistente Mycobakterien angreift haben Wissenschaftler jetzt im Fachmagazin Science beschrieben. An der Arbeitsgruppe sind Forscher vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und von der Firma Sanofi beteiligt.

Mycobacterium tuberculosis ist der Hauptverursacher von Tuberkulose. „Komplexität und Dauer der Behandlung stellen ein Problem dar und führen dazu, dass sich in den letzten Jahren vermehrt resistente Erreger gebildet haben“, erläutert Rolf Müller, Geschäfts­führender Direktor und Leiter der Abteilung Mikrobielle Naturstoffe am HIPS.

Basierend auf früheren Berichten konzentrierte sich die Gruppe auf den Naturstoff Griselimycin. Das Potenzial dieses Naturstoffs wurde bereits in den 60er Jahren entdeckt. Aufgrund der Erfolge anderer Tuberkulose-Medikamente und geringer Wirksamkeit im Infektionsmodell wurde er aber seinerzeit nicht weiterentwickelt.

„Wir haben nun die Arbeiten mit diesem Wirkstoff wieder aufgenommen. Die Mutter­substanz wurde so optimiert, dass sie nun hervorragende Aktivität im Infektionsmodell zeigt – und das auch gegen multiresistente Tuberkulose-Erreger“, so Müller. Die Forscher entdeckten, dass Cyclohexylgriselimycin, eine Variante des Griselimycins, besonders effektiv gegen die Mycobacterium tuberculosis wirkt und zwar sowohl in Zellen wie auch im Tiermodell.

Ein weiterer entscheidender Punkt, der das Medikament als Tuberkulose-Wirkstoff interessant macht, ist dass er seine Wirksamkeit auch entfaltet, wenn er oral verabreicht wird. So wird die Einnahme über einen langen Zeitraum deutlich unkomplizierter. Außerdem erhöhte sich die Wirksamkeit der normalerweise verabreichten Antibiotika durch die Kombination mit dem Stoff.

Die Wissenschaftler konnten auch den Mechanismus dahinter aufklären. „Die Substanz bindet im Tuberkulose-Erreger an die sogenannte DNA-Klammer und unterdrückt dadurch die Aktivität des Enzyms DNA-Polymerase, welche die Erbinformation in der Zelle vervielfältigt“, so Müller. Ohne die DNA-Klammer kann weder DNA-Replikation noch effiziente DNA-Reparatur stattfinden und die bakteriellen Erreger können sich im Körper nicht mehr vermehren.

Da sich dieser Mechanismus von der Wirkweise der bisher gegen Tuberkulose und alle anderen bakteriellen Erreger eingesetzten Antibiotika unterscheidet, ist die Gefahr der Resistenzbildungen nach Auffassung der Forscher zunächst gering.

„Wir sind hoffnungsvoll, mit Cyclohexylgriselimycin einen Wirkstoff in der Hand zu haben, der künftig sogar gegen resistente Tuberkuloseerreger eingesetzt werden kann und zu einer erfolgreicheren Bekämpfung der Krankheit beiträgt“, so Müllers Fazit.

hil

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