Medizin

Neuralrohrdefekte durch Autoabgase

  • Dienstag, 9. April 2013
Uploaded: 09.04.2013 19:21:50 by mis
dpa

Palo Alto – Eine hohe Exposition mit Autoabgasen in der Frühschwangerschaft kann das Risiko bestimmter Fehlbildungen erhöhen, berichten US-Forscher im American Journal of Epidemiology (2013; doi: 10.1093/aje/kws367). Das San Joaquin Valley in Kalifornien ist berüchtigt für seinen Smog. Nirgendwo sonst in den USA ist die Luftverschmutzung in einer ländlichen Region so hoch wie in diesem südlichen Teil des Central Valley zwischen San Francisco und Los Angeles, wo die Autoabgase weder durch starke Winde zerstreut noch durch Niederschläge gebunden werden.

Die Luftverschmutzung ist durch zahlreiche Messstationen der Environmental Protection Agency gut dokumentiert, so dass Amy Padula und Mitarbeiter von der Stanford Universität in Palo Alto die Schadstoffexposition von 1.655 Frauen in den ersten acht Schwangerschaftswochen ermitteln konnten. In dieser Embryonalphase entstehen die meisten Fehlbildungen, die laut Padula nur in zwei von drei Fällen auf bekannte Risikofaktoren zurückgeführt werden können.

Ein weiterer Auslöser könnten Autoabgase sein, denn die 806 Frauen, deren Kinder mit Fehlbildungen zur Welt kamen, waren in der Frühschwangerschaft deutlich stärker den Luftschadstoffen ausgesetzt als die 849 Müttern der Vergleichsgruppe, deren Kinder keine Fehlbildungen haben. Für das Viertel der Frauen mit der höchsten Kohlen­monoxid-Exposition errechnet Padula nach Ausschluss anderer Erklärungen eine adjustierte Odds Ratio (OR) auf Neuralrohrdefekte von 1,9 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,1-3,2).

Sie waren damit fast doppelt so häufig wie beim Viertel der Frauen mit der geringsten Belastung. Laut Padula bestand eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen den einzelnen Quartilen, was in epidemiologischen Untersuchungen immer ein Hinweis auf eine Kausalität der beobachteten Assoziation ist.

Eine Assoziation mit Neuralrohrdefekten bestand laut Padula auch für eine erhöhte Exposition mit Stickoxiden (OR 1,8; 1,1-2,8) und Stickstoffdioxid (OR 1,7; 1,1-2,7), die ebenfalls durch die Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt werden. Im San Joaquin Valley entstehen sie vor allem im Straßenverkehr.

Das Tal verbindet die beiden kalifornischen Metropolen verbindet. In der ansonsten ländlichen Region befinden sich mehrere Großstädte. Einzig für Ozon, im kalifornischen Süden ein weiteres Umweltproblem, wurde eine verminderte Odds Ratio mit Fehl­bildungen gefunden. Ozon war jedoch mit einem Anstieg der Gastroschisis bei den Kindern von Müttern über 20 Jahren verbunden.

Ein Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und Fehlbildungen wird seit längerem vermutet. Die aktuelle Studie ist allerdings die erste, die eine Assoziation mit einer Exposition in der Frühschwangerschaft herstellen kann. Auch wenn das Team sich bemüht hat, mögliche „Confounder“ auszuschließen, besteht in Fall-Kontroll-Studien immer die Gefahr, dass andere mögliche Erklärungen übersehen wurden. So kann man davon ausgehen, dass Bewohner in der Nähe der Schnellstraßen aus sozioö­konomischen Gründen auch anderen gesundheitlichen Nachteilen ausgesetzt sind.

rme

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