Ärzteschaft

Neurophysiologie zunehmend geprägt von Digitalisierung

  • Mittwoch, 9. März 2022
/peterschreiber.media, stock.adobe.com
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Würzburg – Die Zukunft der klinischen Neurophysiologie werde durch Digitalisierung, den Einsatz von künstlicher Intelligenz und moderner molekularbiologischer Techniken geprägt sein. „Die Entwicklungen haben das Potenzial, die Neuromedizin im 21. Jahrhundert grundlegend zu revolutionieren“, so die Einschätzung von Jens Volkmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN). Der DGKN-Kongress vom 10. bis 12. März in Würzburg solle den Austausch aller beteiligten Gruppen fördern.

„Die DGKN hat die Chancen erkannt, die im technischen und digitalen Fortschritt und in einer engen interdisziplinären Kooperation von Neurowissenschaften, technischen Disziplinen und Informations­wissen­­schaften liegen, um Gehirn-Netzwerk-Erkrankungen zu verstehen sowie gezielt und bedarfs­gerecht zu behandeln. Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter der Neurotechnologie“, erklärte Volkmann vorgestern. Der diesjährige Kongress öffne sich bewusst einem interdisziplinären Publikum.

„Wir wollen eine dynamische Wissenschaftscommunity zwischen Neurophysiologie, molekularen und systemischen Neurowissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Biomedizin, Informationstechnologie und klinischer Medizin aufbauen, die sich gegenseitig stärkt.“

Ein Schwerpunkt auf dem DGKN-Kongress 2022 ist die Entschlüsselung und Behandlung wichtiger Netzwerke im Gehirn. Denn die Symptome vieler neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen entstünden durch gestörte Aktivitäten von Gehirnnetzwerken, so Volkmann.

„Diese komplexen Netzwerke sind einfachen pharmakologischen Therapien nicht zugänglich. Das erklärt auch die Barriere in der Behandlung vieler Gehirnerkrankungen“, erläuterte der DGKN-Präsident.

Die aktuelle neurowissenschaftliche Forschung ziele darauf ab, Symptommuster von neurologischen Erkrankungen zentralen Netzwerkverbindungen, Regelkreisen und Funktionen im Gehirn zuzuordnen. Die Auswertung dieser Datensätze könne das Spektrum der Therapieoptionen erheblich erweitern. „Mit Elektroden und fokaler elektrischer Stimulation können wir erkannte krankheitsbedingte Muster im Gehirn gezielt modulieren. Um hier echte Fortschritte zu erreichen, müssen sich Forschung und Implantatindustrie eng vernetzen“, sagte Volkmann.

Ein seit 25 Jahren vor allem bei der Parkinson-Krankheit etabliertes, technologisch einfaches Brain- Computer-Interface (BCI), mit dem kleinste funktionelle Regionen im Gehirn gezielt elektrisch stimuliert werden können, ist die Tiefe Hirnstimulation (THS).

Diese liefere eindrucksvolle Beispiele für den klinischen Erfolg bei Bewegungsstörungen und psychia­trischen Erkrankungen, so Volkmann. Mit neuer Technik werde die THS auch bidirektional genutzt, um mittels Messung lokaler Feldpotenziale (LFP) Informationen über Zustände des Gehirns auszulesen. Dies ermögliche eine adaptive, also Feedback- kontrollierte Stimulation.

Ein langfristig angelegtes Forschungsprojekt in diesem Bereich stelle der Sonderforschungsbereich RETUNE dar, eine Kooperation der Universitätskliniken in Berlin und Würzburg. Entsprechende Geräte für eine solche adaptive Tiefe Hirnstimulation befänden sich bereits in der klinischen Prüfung.

aha

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