Neuropoden im Darm: Direkter Draht zum Gehirn
Durham – Die enteroendokrinen Zellen der Darmschleimhaut stellen nicht nur Hormone her, die den Stoffwechsel auf die Ankunft von Nahrungsmitteln vorbereiten. US-Forscher beschreiben im Journal of Clinical Investigation (2015; doi: 10.1172/JCI78361), dass die Hormonzellen mit fußartigen Auswüchsen mit Nervenzellen in Verbindung stehen. Sie vermuten, das diese Neuropoden Sättigungssignale an das Gehirn übermitteln.
Den K-Zellen und L-Zellen im Verdauungstrakt wurde lange Zeit keine Bedeutung beigemessen. Heute steht fest, dass die Zellen durch die Freisetzung von Inkretinen in den Blutzuckerstoffwechsel eingreifen – was inzwischen auch medikamentös bei der Behandlung des Typ 2-Diabetes ausgenutzt wird.
Vor einigen Jahren hat der Neurobiologe Rodger Liddle vom Duke University Medical Center in Durham/North Carolina entdeckt, dass viele enteroendokrine Zellen filigrane Fortsätze haben, die sie als Neuropoden bezeichnen. Ihre Funktion war bisher unklar. Jetzt berichtet ein Team um Liddle, dass die Neuropoden offenbar Verbindungen zu den im Darm enthaltenen Nervenfasern haben. Dabei werden offenbar Verbindungen zu sensorischen Nervenzellen bevorzugt.
Wurden die Neuropoden in Zellkulturen mit sensorischen Nervenzellen zusammengebracht, kam es auch über längere Strecken hinweg zu einer spontanen Annäherung. An den Kontaktpunkten bildeten sich synapsenartige Verbindungen. Dass beide Zellen funktionelle Kontakte aufnahmen, konnten die Forscher mit Tollwut-Viren zeigen, die im Nervensystem von einer Zelle an die nächste weitergereicht werden. Dies war auch zwischen Neuropoden und Nervenzellen der Fall.
Über die Funktion der neuen Nervenverbindungen gibt es noch keine sicheren Erkenntnisse. Da sich die K-Zellen und L-Zellen jedoch auf der Oberfläche der Schleimhaut befinden, könnten ihre Neuropoden das Gehirn über den Zustand des Darms informieren. Liddle vermutet, dass der Darm auf diese Weise mit dem Sättigungszentrum des Gehirns verbunden ist.
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