Medizin

Nichtaspirin-NSAID erhöhen Nierenkrebsrisiko

  • Dienstag, 13. September 2011

Boston – Zwei maßgebliche US-Studien sprechen Paracetamol und Acetylsalicylsäure (ASS) von dem Verdacht frei, die Entwicklung eines Nierenzellkarzinoms zu fördern. Die Publikation in den Archives of Internal Medicine (2011; 171: 1487-1493) ermittelte aber überraschenderweise ein robustes Signal bei einer Reihe anderer NSAID.

Die Analgetikanephropathie und die Induktion von Urothelkarzinomen führten Mitte der 1980er Jahre zum Verbot von Phenacetin, einem damals äußerst populären Schmerzmittel. Glücklicherweise gab es mit Paracetamol einen Ersatz.

Der Phenacetin-Metabolit Paracetamol gilt als unschädlich für die Nieren. In den letzten Jahren wurden Paracetamol und andere Non-Opioid-Analgetika dann aber in kleineren Studien wieder mit dem Nierenzellkarzinom in Verbindung gebracht.

Eunyoung Cho von der Harvard Medical School in Boston hat deshalb die Daten der Nurses' Health Study und der Health Professionals Follow-up Study ausgewertet. Die beiden prospektiven Beobachtungsstudien können den Verdacht nicht bestätigen.
 

Weder unter den 77.525 Frauen noch bei den 49.403 Männer war die Einnahme von Paracetamol mit einer erhöhten Rate von Nierenzellkarzinomen assoziiert. Dies war auch nicht bei ASS der Fall. Für ASS hatten die Forscher sogar eine protektive Wirkung erwartet, wie sie in früheren Studien gegenüber Darmpolypen gezeigt werden konnte.

Eine krebsprotektive Wirkung von ASS wird unter anderem mit der Inhibition von Cyclooxygenase (COX) 2 in Verbindung gebracht. Cho mag deshalb erwartet haben, dass auch andere NSAID, wenn sie schon keine protektive Wirkung entfalten, so doch wenigsten das Nierenkrebsrisiko nicht erhöhen.

Doch genau ein solches Signal wurde entdeckt. Laut Cho haben regelmäßige Anwender von Nichtaspirin NSAID ein um 51 Prozent erhöhtes Risiko an einem Nierenzellkarzinom zu erkranken. Das relative Risiko von 1,51 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,12-2,04 signifikant.

Eine mögliche kausale Beziehung wird durch eine Dauer-Wirkungsbeziehung unterstrichen. Eine Einnahmedauer von weniger als 4 Jahren erhöhte das relative Risiko um 19 Prozent, es steigt um 36 Prozent bei einer Einnahmedauer von 4 bis 10 Jahren, und Personen, die die Analgetika länger als zehn Jahre einnahmen, hatten ein fast dreifach erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Eine plausible biologische Erklärung kann Cho nicht geben, da es eine breite Überschneidung im Wirkungsmechanismus von ASS und anderen NSIAD gibt. Gegen einen Zufallseffekt spricht neben der Dauer-Wirkungsbeziehung, dass das Ergebnis in beiden Kohorten gleich war.

Auch wenn eine Bestätigung durch andere Studien noch aussteht, fordert Cho, die Ergebnisse bei der Risikobewertung von Nichtaspirin-NSAID zu berücksichtigen. Konsequenzen aus der Studie sind aber nicht zu erwarten. Da Nierenzellkarzinome relativ selten sind, bedeutet ein relativer Anstieg um 51 Prozent, dass das absolute Erkrankungsrisiko bei Frauen um 9,15 pro 100.000 Personenjahre und bei Männern um 10,92 pro 100.000 Personenjahre ansteigt. Eine faire Risikobewertung müsste auch den Einfluss auf andere Krebserkrankungen berücksichtigen, der wie bei ASS möglicherweise günstig ist.

rme

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