Niedriger Lohn erhöht den Blutdruck

Sacramento – Menschen mit einem geringen Einkommen haben häufiger einen erhöhten Blutdruck. Dies zeigt eine Studie im European Journal of Public Health (2012; 22: 854-859). Die Autoren empfehlen ein häufigeres Screening bei Patienten mit niedrigem sozioökonomischen Status.
Die arterielle Hypertonie ist der häufigste kardiovaskuläre Risikofaktor. Die US-Centers for Disease Control and Prevention schätzen, dass jeder dritte Erwachsene betroffen ist. Dass Menschen mit niedrigerem sozioökonomischen Status (SES) häufiger einen hohen Blutdruck haben, war bekannt. Frühere Studien hatten dies in erster Linie mit vermehrtem Stress am Arbeitsplatz, niedrigem Bildungsniveau oder einem unsicheren Versicherungsstatus in Verbindung gebracht.
J. Paul Leigh von der Davis School of Medicine in Sacramento kann jetzt erstmals zeigen, dass das Einkommen ein guter Gradmesser für das Hypertonie-Risiko ist. Leigh hat dafür die Ergebnisse der Panel Study of Income Dynamics ausgewertet, die in den Jahren 1999, 2001 und 2003 eine repräsentativen Stichprobe von Beschäftigten mehrfach zu ihrem Verdienst interviewt hat.
Die Einkommensschere war weit: Die Stundenlöhne der 5.661 befragten Personen lagen 1999 zwischen 2,38 Dollar und 77 US-Dollar. Laut Leigh ging jede Verdopplung des Verdienstes mit einem Abfall der Hypertoniediagnosen (die ebenfalls erfragt worden waren) um 0,6 Prozent pro Jahr einher. Das scheint wenig zu sein. Doch im Verlauf des Erwerbsleben kumulieren die Risiken.
Am stärksten betroffen waren zum einen junge Arbeiter, bei denen eine Verdopplung des Gehalts das Hypertonierisiko um 25 bis 30 Prozent senkte. Noch stärker wirkten sich die Verdienstmöglichkeiten bei den Frauen aus, deren Hypertonie-Risiko mit einer Verdopplung des Gehalts um 30 bis 35 Prozent abnahm. Nach einer anderen Berechnung von Leigh hätte ein Anstieg des Lohns um 10 Prozent zwischen 1999 und 2005 in den USA die Zahl der Hypertoniker um 132.000 Fälle gesenkt (bei einer Gesamtzahl der Arbeitskräfte von 110 Millionen).
Da die Public-Health-Forscher keinen Einfluss auf das Lohnniveau haben, empfehlen sie zu einer vermehrten Aufmerksamkeit. Ärzte sollten bei Patienten mit niedrigem Einkommen häufiger den Blutdruck messen, lautet der Ratschlag.
Auch wenn ein niedriger Lohn in der Studie ein Marker für ein erhöhtes Hypertonie-Risiko war, so dürfte die eigentliche Ursache doch woanders zu suchen sein. Aus anderen Studien ist bekannt, dass etablierte Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel in den unteren sozioökonomischen Schichten weiter verbreitet sind.
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